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Lie Ning – utopia

Es dauert knapp zehn Sekunden, bis Lie Ning mit seiner Stimme aus Samt die Pforten zu Gänsehäuten, Klößen im Hals und warmen Herzen aufschließt. So wohlig warm ist dieses Timbre, das in seiner vollendeten Makellosigkeit locker mit der wundervollen ANOHNI mithalten kann. “utopia” ist nun das Debütalbum zu der Stimme. Und glücklicherweise ist es doch viel mehr als das.

Denn wären schöne Stimmen alles, auf das es ankommt, wäre die Musikwelt wohl doch zu vorhersehbar und stupide. Beide Attribute gelten auch nicht für diese Platte, bei der man sich alleine für den vollmundigen Sound andächtig auf den Boden werfen will.

In der gleichen simplen Eleganz, wie das Albumcover ins tiefe Blau taucht, schreiten auch die Songs in breit orchestrierte Arrangements, überdacht von einem Kaleidoskop von Stimmungsbildern. Das Schöne: Man würde Lie Ning sowieso in jede Richtung folgen.

So findet man sich kurzerhand auf der Tanzfläche wieder, wo “beautiful” ganze LKWs voller Bläser einlädt, um gängige Schönheitsnormen an die Wand zu fahren. Und auch “offline” fühlt sich unter der Disco-Kugel am wohlsten, während gerade der Refrain mit einer beeindruckenden Coolness ähnlich geschmeidig dem Funk huldigt wie Prince.

Im nächsten Moment tigern Hörer*innen dann zum großen Hollywood-Gefühlschaos, das in “sunnyside up” mit großem Klavier-Einsatz eine romantische Bar-Atmosphäre in den Hörgang zimmert. Bei “pressure and release” bleibt es derweil sanft – und zwar in starkem Kontrast zum Refrain, in dem Lie Ning “Teach me how to scream” singt.

In diesem Dämmerlicht tänzelt die Platte, ohne dabei den Sprung in die großen Gesten zu vermeiden. Besser geschichtet als jede Hochzeitstorte sind die vielen Sound-Wände dieser Stücke dabei so dicht, dass man am liebsten direkt nach dem letzten Ton los zur nächsten Entdeckungsreise stapfen möchte.

Und dass sich auch inhaltlich ungewöhnliche, teils bizarre Geschichten auf “utopia” verbergen, ist die riesige Kirsche auf der ohnehin schon köstlichen Sahnetorte. Viel mehr kann ein Debütalbum eigentlich gar nicht bieten.

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