Für Silver Moth begann alles auf Twitter: Auf der Kurznachrichtenplattform eines berüchtigten Milliardärs hatten Musiker*innen aus Glasgow und der Umgebung 2021 zum ersten Mal Kontakt. Man schrieb miteinander, man vergrößerte sich und bildete irgendwann ein kleines Kollektiv, zu dem auch eines Tages Mogwai-Gitarrist Stuart Braithwaite gehörte.
Man sprach in Zoom-Konferenzen miteinander und plante ein baldiges Treffen. Das fand schließlich auf der schottischen Isle Of Lewis statt, wo sich die Verschwörer*innen in den Black Bay Studios zusammentrafen und innerhalb von nur vier Tagen ein sechs Songs starkes Album aufnahmen.
Den Zeitdruck spürten die Protagonist*innen allerdings eher weniger, sondern mehr den Drang zu kreieren. Laut den Mitgliedern half da die Fremdheit untereinander, kreative Energie in ungeahnten Maßen fließen zu lassen.
Diese ergießt sich auf „Black Bay“, benannt nach dem Entstehungsort, in mythische, transzendentale und zuweilen auch tiefschwarze Momente. Ist es Post-Rock? Oder doch eher Dream-Pop? Irgendetwas völlig Neues? Das ist erst einmal nicht wichtig.
Viel relevanter ist eher, dass die Tracks unfassbar dicht gewebt sind und sowohl sachte wie schwebend, als auch vielschichtig und weit verschachtelt sind. Es ist leicht, sich hier schnell in den düsteren Ebenen zu verlieren.
Gleich im Opener „Henry“ schlägt einem eine gewaltig sanfte Welle an Melancholie entgegen, die sich durch die hallige, weite Instrumentierung unendlich anfühlt. Man denke an die Indie-Folker Daughter, wenn diese den Post-Rock noch mehr als sonst schon für sich entdecken würden.
Drängende Klavier-Akkorde untermalen traurige Gitarren- und Keyboard-Melodien, sie alle fängt ein langsam holperndes Schlagzeug ein, während verschiedenste Stimmen, ob gesungen oder einfach gesprochen, um die Gunst des Herzbruchs buhlen.
Den Intensitäts-Höhepunkt erreicht „Black Bay“ im 15-minütigen Giganten „Hello Doom“, der mit seinem Titel ein wenig seines Inhalts vorwegnimmt und zwischen Noise-Rock, Drone und eben Doom-Metal eine verstörende, apokalyptische Stimmung herbeibeschwört.
Die Songs schwellen stetig an, raunen durch Leib und Seele und verschwinden darauf wieder in die Dunkelheit. Zurück bleiben tief traurige und ergreifende Momente, sowie das Gefühl, dass man hier etwas ganz Besonderem beiwohnte.
„Black Bay“ ist mitreißend und faszinierend. Nicht nur wegen seiner Entstehungsgeschichte, nicht nur wegen der Kürze seiner Produktion. Sondern, weil eine Gruppe von Fremden es geschafft haben, gemeinsam tief zu graben und auf emotionales Gold zu stoßen.