“Intim”. Das dürfte der erste Kommentar sein, der zu Susanne Sundførs neuem Album “blómi” fällt. Die norwegische Künstlerin hat sich, nach diversen Zusammenarbeiten mit den isländischen Klangkünstlern von Röyksopp, wieder auf Solopfade begeben. Dabei lässt sie tief in ihr Tun und Wirken blicken, so tief, dass ihre Hochzeit als offizielles Musikvideo (“alyosha”) auf YouTube zu finden ist.

Im Opener “Orð Vǫlu” erklärt Sundfør das Schaffen der Musik als spirituelle Reise, was man bei “blómi” im weiteren Verlauf deutlich hören kann. Die elfengleiche, weiche Stimmlage zaubert Phantasiewelten, umgeben von orchestralen, hymnischen und manchmal verwunderlichen Klängen.

Mag “Ashera’s Song” noch ein wundersam, stilles Reigen sein, öffnet sich mit dem Titelsong “blómi” die Bandbreite von Sundførs Musikwelt. Ein Piano begleitet ihre gekräftigte Stimme durch traurig und doch hoffnungsvolle Geschichten, umringt von säuselnden Bläsereinsatz. Atmosphärisch verdichtet weiß Sundfør ihr Organ stets wohlplatziert mit den Instrumenten fließen zu lassen und doch bestimmt sie die Dynamik.

Mit “Rūnā” wendet sich die Norwegerin den Gitarren zu. Akustisch natürlich, wiegt sie sich mit leichten Folkanleihen hymnisch singend ins Tal der Hoffnung.

Die meisten Songs enthalten eine bittere Tiefe, welche sich erst langsam zum Licht hin rankt. Das gelingt ihr auch beim souligen, orchestralen “Fare Thee Well”. Gemächlich vom Piano getragen trägt Sundfør ihre Stimme wie einen dicken Pinselstrich auf dem verschwindenden Portrait auf, das dieser Song im Vergessen verschwinden lässt.

Ganz anders, mit frühlingshaftem Vogelgezwitscher und mitreißendem Händeklatschen, entführt “Leikara Ljóð” in frohlockende Welten. Mit heller Stimme wird die Hörerschaft der Erlösung mit wachsender Rhythmik nähergebracht.

Der Song zeichnet sich durch sein organisches Wachsen aus, stetig entwickelt sich Tempo und Gesang hin zum flehenden Chorus. Ihr Stimmspektrum ausnutzend, erhebt Sundfør “Leikara Ljóð” zum eingängigen Höhepunkt von “blómi”, bis hin zum fiedelnden, knarzenden Outro.

“alyosha” wird zur Liebeshymne an ihren Mann und musikalische Untermalung zum bereits angesprochenen Musikvideo. Sanft wogend in elektronischen Sphären und den Tasteninstrumenten verweilt Susanne Sundfør in liebevollen Gedanken und Gefühlen, welche auch gesanglich in höhere Sphären führen. Der wundervolle balladeske Refrain verzückt und sorgt nicht nur in Kombination mit den Aufnahmen für Gefühlsregungen im Augenwinkel.

Lyrisch überraschend verweilt “Ṣānnu Yārru Lī” in der Percussion. Flötend, klopfend trommelnd vermag die Sprechstimme von Sundfør zu überraschen und gleichzeitig in den Bann zu ziehen.

Das verlorene Tempo nimmt “blómi” leider nicht mehr auf. Das schwerfällige Piano von “Náttsǫngr” sieht sich selbstgefällig als Mittelpunkt des mehrstimmigen Titels. Letztendlich findet man sich bei “Orð Hjartans”, von einem monotonen Surren empfangen, in Sundførs spiritueller Reise zu ihrem Herzen wieder.

“blómi” ist facettenreich, stimmungs- und instrumental klangvoll inszeniert. Doch über allem steht die gesangliche Ausnahmeleistung, welche ebenso emotional wie auch bestimmend durch die tiefwurzelnden, melancholischen Texte führt.

Susanne Sundfør beschenkt mit einem frühlingshaften, erblühenden Album Ihre Freunde und solche die es sicher werden wollen.

Schreibe einen Kommentar

Das könnte dir auch gefallen

Album

Mercury Rev – Born Horses

Album

Pom Poko – Champion

Album

Dirty Three – Love Changes Everything

Login

Erlaube Benachrichtigungen OK Nein, danke