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Courting – New Last Name

Es gibt Bands, da ist auf den ersten Blick sofort klar, woran man ist: Die Botschaft ist klar, der Sound ist konsistent, auch spätere Weiterentwicklungen sind zumeist stimmig und ergeben, zumindest mit der richtigen Erklärung, noch irgendwie Sinn.

Und dann gibt es Courting. Das Quartett ist, seit es auf der Bildfläche der britischen Indie-Szene auftauchte, maximal inkonsistent und tut auch ihr Bestes, damit das so bleibt. Ist die Verwirrung so geplant? Existiert ein Plan überhaupt? Niemand weiß es so genau.

Auf dem Debütalbum “Guitar Music” von 2022 begann die wilde Fahrt: Die Band aus Liverpool lieferte unvorhersehbaren und heillos übersteuerten Noise-Rock, den die durchgehenden Glitch-Synth-Momente immer weiter eskalierten.

Dann war da noch das Songwriting selbst, das es den Hörer*innen mit seinen wilden Haken und Strukturlosigkeiten nie ganz einfach gemacht hat. Trotz – oder gerade wegen – all dem wurden Courting zu einem aufregenden Phänomen und man war auf den nächsten Schritt gespannt.

“New Last Name” ist nun dieser Schritt, und von Anfang an ist klar, dass Courting erneut eine völlig neue Richtung einschlagen – allerdings nicht wie erwartet ins noch Verrücktere: Das zweite Album der Liverpooler ist ein Indie-Garage-Rock-Fiebertraum der 2000er.

Den Anfang macht “Throw”, der mit gut gelaunten Gitarren und spritzigen Melodien beginnt – leichte Erinnerungen an die Indie-Hymne “Alive With The Glory Of Love” von Say Anything kommen hier auf – auch wenn eine unterschwellige Merkwürdigkeit lauert.

Zum einen ist da der Gesang von Frontmann Sean Murphy-O’Neill, der durchgehend mit einem Cher-esken Autotune-Effekt belegt ist, zum anderen wirkt die vergleichsweise glatte Gitarren-Pop-Produktion wie eine Parodie oder zumindest wie ein Nicht-Ernstnehmen diverser Indie-Traditionen.

Träumerische Melodien können Courting eindeutig schreiben, und von Post-Punk über Indie-Pop bis hin zu funkigen Garage-Krachern kriegt das Quartett so einiges äußerst unterhaltsam hin. Dennoch steckt das Wilde, das Unvorhersehbare aus dem ersten Album in den neuen Songs – wenn auch subtiler.

Kritische Stimmen mögen vielleicht etwas an Originalität vermissen, andere finden den absurdistischen Humor der Band eventuell eher weniger amüsant – vom kontroversen und unorthodoxen Diskurs leben Courting allerdings.

Und das muss man erst einmal schaffen: nach einem frenetischen Noise-Rock-Werk mit einem vergleichsweise zahmen Indie-Album so zu polarisieren. Spannend ist das Gespräch um die Band, noch spannender ist aber “New Last Name” selbst immer noch.

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