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Another Sky – Beach Day

Der Name der zweiten Platte von Another Sky klingt erst mal nach Sonnencreme, Sand in verschiedenen Körperregionen und dem verzweifelten Versuch, die Möwen von deinem Fischbrötchen fernzuhalten. Falsch gedacht! Stattdessen besingt das Rock-Quartett auf “Beach Day” tiefliegende Emotionen, Selbstakzeptanz und vielleicht in gewisser Hinsicht sogar den Sinn des Lebens.

Dazu gibt es natürlich eine Hintergrundgeschichte: Man stelle sich vor, die Band stand – wie auf dem Albumcover – knöcheltief im Wasser, und anstatt den Kopf in den Sand zu stecken – oder eher ins Wasser – flüchteten sie in eine Kirche. Ihr früherer Proberaum wurde nämlich durch eine Überschwemmung unbrauchbar, doch ein freundlicher Pfarrer bot Catrin Vincent, Max Doohan, Jack Gilbert und Naomi Le Dune einen Unterschlupf an.

Da saßen Another Sky also, in völliger Dunkelheit, wahrscheinlich umgeben von Kerzen wie in einem Dracula-Film, und zauberten 13 Tracks aus dem Ärmel, die emotionaler nicht sein könnten. Angeführt werden diese von der unverwechselbaren Stimme der Leadsängerin, deren Echo wohl noch heute in der Krypta nachhallt.

Vier Jahre nach der Veröffentlichung ihres Debütalbums “I Slept On The Floor” beweisen Another Sky, dass sie das Rock-Handwerk immer noch beherrschen. Die neue Platte zeichnet sich durch anspruchsvolle, melancholische und teilweise charakteristisch britische Texte aus, die Assoziationen mit Bands wie Arcade Fire, Wolf Alice oder The Cranberries weckt. Dennoch präsentieren die Londoner einen einzigartigen und lebhaften Stil, der sie von anderen abhebt.

Bereits der Titeltrack “Beach Day” bereitet uns auf eine Reise vor: Von Post-Rock-Balladen, die sich anfühlen, als würde man bei voller Fahrt gegen eine Wand aus Emotionen prallen, bis hin zu Songs, die so chaotisch enden, dass man sich fragt, ob die Instrumente überlebt haben.

Ein nennenswertes Beispiel hierfür ist wohl die Pseudo-Ballade “Death Of The Author”, welche sich Schicht für Schicht entfaltet und in einem überraschenden Ausbruch von dynamischen Sounds gipfelt. Kein Song auf dem Album folgt dem typischen Schema F. 

“Burn The Way” und “Psychopath” sind zwei eindrucksvolle Klangkreationen, die mit ihren wilden E-Gitarrenriffs und kraftvollen Schlagzeugklängen durch die Ohren sausen. Damit haben Another Sky eine Einladung zum lauten Mitsingen und energischen Headbangen verteilt. Beide Stücke wurden bereits in einem ganz besonderen Rahmen vorgeführt: live aus The Crypt, der Kirche, die ihnen als Zufluchtsort nach der Überschwemmung diente.

Catrin Vincent philosophiert über “Beach Day” als Metapher für das Durchqueren persönlicher Winter und das Finden des Lichts am Ende des Tunnels. Es geht darum, auch die Schattenseiten der Gefühle wie Jähzorn und Trauer zu lieben.

Diese Auseinandersetzung mit der eigenen Wut als Weg zur Freiheit verleiht “Beach Day” eine deutlich stärkere Selbstsicherheit im Vergleich zu ihrem Erstlingswerk.

Nach einer musikalischen Reise, die von Rock über Grunge bis zu Balladen reicht, mündet das Erlebnis in einem tanzbaren Höhepunkt. „Swirling Smoke“ hinterlässt einen mit der optimistischen Gewissheit, dass letztendlich alles in Ordnung sein wird. So wird das Hörerlebnis zu einem stimmigen Ganzen, und der letzte Track wirkt wie ein verheißungsvoller Ausblick auf das, was noch möglich sein könnte.

Zum Abschluss dieser emotional tiefgreifenden Erfahrung, möglicherweise wie nach einer Musiktherapiesitzung, hat man bedeutende Schritte zur Selbstheilung unternommen und gelernt, sich selbst in seinem ganzen Sein zu akzeptieren.

Begleitet von außergewöhnlichem Gesang und beeindruckenden musikalischen Kompositionen, steht man nun an einem Punkt, an dem man die Vergänglichkeit des Lebens erkennt und entscheidet, dass es keinen Raum für Verbitterung gibt. Mit dieser Erkenntnis im Herzen kann man sich eventuell auch auf den nächsten Tag am Strand freuen.

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