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Torres – Live im Privatclub, Berlin

Privatclub. Der Club macht dem Namen alle Ehre. Lauschige Größe, rot-goldene Mustertapete, Raucherbereich mit kleinen Ledersesseln und auch sonst kuschelig von der Atmosphäre. Ansprechend für einen spontanen Besuch in der Hauptstadt. Ausverkauft und schon früh gut gefüllt.

Vor Torres spielt Queen Quail. Folk mit zwei Gitarren und ansprechender Stimme. Sehr nüchtern und klar, ohne Schnörkel. Nicht wirklich das typische Beuteschema der Torres-Fanbase. Trotzdem großteils respektvoll aufmerksam, mit berechtigt viel Applaus. Für den allerersten Auftritt überhaupt eine angenehme halbe Stunde. Beifall zur Schlussverbeugung schon nahezu euphorisch.

Die Band von Torres sortiert sich auf die Bühne. Bunter geht es ganz in Blau kaum. Die Schlagzeugerin mit stereotyp blonden Haaren im blauen Mini mit Netz. Zweiter Gitarrist im blauen Arbeits-Overall mit Bart und üppiger Wuschelmähne. Mackenzie Scott, wie Torres bürgerlich heißt, bleibt sich treu, mit Cowboystiefeln und Jacke mit Lederbesatz. Nur Top und Augen in Blau.

Der Opener des neuen Albums – „Happy Man‘s Shoes“ – eröffnet auch den Abend. Auftritt noch eher von der Kategorie „ich mach das halt, weil ich da bin“. Erstes Schmunzeln bricht sich aber schon bahn. Trotz reduzierter Emotion geht es gleich gut in den Bauch.

Das etwa ältere „Skim“ bricht das Eis. Auf der Bühne und davor. Mackenzie fängt an, sich zu bewegen. Das Publikum auch. Dumpf schnarrend. Torres’ Signature-Riff bleibt im fließenden Übergang erhalten und überbrückt die sieben Jahre zwischen den beiden Stücken mühelos.

Vor „Forever Home“ lernen wir eine neue Seite kennen. Bei der Geschichte über ihre Freundin ohne Vornamen wird Torres fast zur Komödiantin. Schnell wird klar, dass sich ihr Leben in den letzten drei Jahren dramatisch geändert hat (sie wird auch nicht müde, das zu betonen). Die Mimik wird intensiver und natürlicher. Einzige Konstante – ihre Füße werden den Cowgirl-Tanzstil nicht los.

„Fuck Ya. I got to talk about merch…” Beste authentische Werbe-Ansage ever. Der Saal brüllt vor Lachen. Die Bewältigung ihrer Jugend bei den Baptisten – „Sprinter“, das älteste Stück des Abends, bevor es wieder ins Heute geht.

„Jerk Into Joy“ transportiert die Stimmung akkurat von der Aufnahme auf die Bühne. „Look at all the dancing I can do“. Ist dann weniger Tanzen, eher Mitwippen, aber trotzdem schön.

“Three Futures” bestätigt, dass das gleichnamige Album immer noch das emotional dichteste Album ist.

Kurz darauf beendet „Wake To Flowers“ die ruhige Phase. Langsam und bedrückend wälzt sich der Sound-Teppich mit unterschwelliger Wucht durch den Raum.

„Thirstier“ hält den Pegel hoch, um mit „Marble Focus“ und „Artifical Limits“ den Übergang zu „Collect“ zu schaffen. Der „Tanzhit“ der neuen Scheibe erfüllt die Erwartungen. „Did I hit a nerve? Did I hit a nerve?“. Ja, definitiv.

„Helen In The Woods“ von „Three Futures” bestätigt obige Erkenntnis. Unerbittlich energiegeladen und latent verschwitzt geht es zu Ende.

Als Zugabe besingt Mackenzie solo, wie so oft, ihre Liebe zu ihrer Frau Jenna Gribbon, die ihr Leben verändert hat. Ja, wer sie über die Jahre hinweg live gesehen hat, kann fühlen, dass sich Torres zu einer neue Person entwickelt hat. Und sie hat seit kurzem einen Welpen. Das erklärt natürlich alles.

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