Der Kapitalismus ist am Boden, die Welt ist am Ende. Zeit für eine Revolution. Am besten in Frankreich. Warum auch nicht, hat ja dort schon mal geklappt. Die Sozialkritiker*innen von Aquaserge, schicken sich mit ihrem siebten Album “La Fin De L’Economie” an, die Revolutionsgarden musikalisch zu begleiten.

2005 in Toulouse als Trio gegründet, hat sich das Bandkollektiv unter dem Begriff Avantgarde-Pop vereint, welcher progressiv mit Einflüssen aus Jazz, Krautrock und französischer Filmmusik spielt.

Dabei arbeitet man sich gerne an der Kunst anderer ab, wie es z.B. beim letzten Werk “The Possibility Of A New Work For Aquaserge” der Fall war, das eine Hommage an Maler wie Gyorgi Ligeti und Edgar Varese war.  Auch beim neuen Album “La Fin De L’Economie” bedienen sich Aquaserge an der modernen Literaturgeschichte, dem Literatenkreis Oulipo.

Dabei geht es nur um Musik, wie die Band Pendikel sagen würde. So konzentrieren wir uns auf das hörbare Schaffen von Aquaserge.

“Le Saut Du Tigre” wagt einen rockbetonten Einstieg mit sphärischen Elektronikflächen auf marschierenden Akkorden. Der weibliche Sprechgesang stimmt auf die hypnotische Wirkung des folgenden, arhythmisch verspielten “Sommets” ein, das sich an einer piependen Akkordfolge abarbeitet, um wundersame Klangwelten bis hin zum flötengestützten Krautrock zu erschaffen.

Aquaserge wollen entdeckt werden. So wankt z.B. “Soline” mit einem glattpolierten Riff, holpriger Rhytmik und mehrsprachigem Gesang, während “Je Suis Galaxie” mit grandiosem, dynamischem Synth-Rock-Intro begeistert. Die erlangte Energie bleibt zwar nicht lang erhalten, das Klangerlebnis aber ist galaktisch.

Entrückt dem Folk zugewandt, gibt sich “A Plus” eher wortgewandt, kann aber dank der akustischen Percussion einer ganz eigenen Melodie folgen.

Der Experimentierfreunde bleiben Aquaserge treu, wenn die Bläsersektion basslastig unterstützend “Incendies” in einem fagotten Traum entrücken lässt, der mit seancegleicher Drumrhythmik in einer Kakophonie der Natur endet, nur um rumpelnden Gitarren linientreu trampelnd zu folgen.

Der klangliche Konter “Miso” entpuppt sich als wuchtiges, oftmals auch brachiales Prog-Rock-Monster, das gegen Ende mit wütendem Gesangspart fast zum Punk hin entgleitet.

Warum auch nicht, wenn man mit “LPT” einen fieberhaften Wahnzustand akustisch samplend zwischen Keyboard und Dadaismus verarbeitet.

Das progressive Muster bleibt erhalten, wenn sich die nebligen Bläserschwaden von “Shoot De Love” lichten, und man eine instrumentale Traumreise beginnt, die bei “Amerikaine” auf windende Rockpfade ausweicht.

Gniedelnde Saitenklänge, begleitet von Percussionrhythmik, wuchten das Album zurück in die 70er Jahre und machen letztendlich das Dutzend mit dem Titeltrack “La Fin De L’Economie” voll.

Der erweist sich aber eher als laues Lüftchen anstelle einer Rebellenhymne. So sorgt der angenehm kehlige Abgesang an den Kapitalismus eher für verständnisvolles Nicken als in die Luft gestreckte Fäuste.

Das siebte Album des französischen Musikerkollektivs enttäuscht nicht, wenn man sich auf das breite Klangspektrum ihres Schaffens einlassen möchte. Das erweist sich abgespeckter als auf früheren Alben, dafür fokussierter. Speziell die Bläsereinsätze sorgen für einen bleibenden Eindruck im bunten Treiben von Aquaserge.

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