Schweizer Sänger neigen dazu, die kaputten, unromantischen bis wahnhaften Seiten der Liebe in ihren Liedern auszuleuchten. Während Dagobert dafür meist im inneren Kreis der Emotionen fündig wird, beschreibt Faber auch die Wirkung individueller Instabilität auf das Kernthema. Inhalte, mit dem die eidgenössische Dichtkunst seines Debütalbums „Sei Ein Faber im Wind“ polarisierte.

Dato ist der 30-Jährige vom überdeutlichen Vokabular entfernt. Dennoch wird gesagt, was gesagt werden muss, geht es nach der „Ouvertüre“ mit „Du Kriegst Mich Nicht Zurück“ hinunter in die Abgründe der Seele, wo immer „ein Strick für alle Fälle“ für die Folgen von Depression, Eifersucht und ein bisschen Selbstmitleid parat liegt.

Musikalisch fahren Julian Pollina und die Goran Koč y Vocalist Orkestar Band eine Breitseite auf, sind es die dominanten Streicher, die – neben Schlagwerk, Gitarre, Keyboard, Posaune und teils überzeichneten Chören – als prägendes Stilmittel das die 13 Kapitel beherrschende Titelthema „Addio“ – Abschied – atmosphärisch dicht ausstaffieren.

Unter der bunten Flagge aus Balkanbeat, Pop, Chanson und Ballade, wird „Sie Ist Wieder In Der Stadt“ mit der Dramaturgie eines Spaghettiwestern inszeniert, tanzt „Ayurveda“ einen leidenschaftlichen Flamenco, klingt „Leon“ nach Dreigroschenoper in Social-Media-Optik, wandert die Melodie auf „Temptation Island“ durch Höhen und Tiefen.

Mit „Nocturne“ wird es stiller. Die Leiden des jungen Fabers ergießen sich in sacht vom Background-Gesang betupfte Verse, ähnlich leise das akustische „Ihr Habt Meinen Segen Pt. 2“, einem bitteren Hindernislauf über das Gender Gap.

Auch „Deus“, desillusionierendes Spoken Word-Melodram, bevorzugt die Adagio-Gangart.

Dem „Schwyzerdütsch-sizilianischen Requiem“ „Pirduto Cori“ mit seinem Vater Pippo und den sakralen Gesängen des titelnden Stücks folgen, zumindest sprachlich, italienische Momente, die mit karibischen Rhythmen in „Anima Ribelle“ auf Melancholie treffen und im Adriano-Celantano-Timbre des Protagonisten per „Odiarsi und Po’“ Katharsis üben.

Mit „Addio“ bleibt Faber ein Sprachrohr für gebrochene und vom Zeitgeist getriebene Herzen, möge für diese dem Schlusstrack entsprechend gelten: „Andrà tutto bene“ – es wird alles gut.

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