Es knarzt stotternd, es zirpt sachte. Die gezupfte Gitarre hält sich selbst zusammen. Der Einsatz dreier nonverbaler Stimmen von Rosy Jones, Lottie Pendlebury und Holly Mullineaux – aka Goat Girl – lüftet dann gemächlich den Schleier in das neue Album “Below The Waste”, reich an delikaten Winkelzügen, ohne das große Besteck aufzufahren. Das hat das Trio aus Süd-London schlicht nicht nötig.
Erst nach gut 100 Sekunden „Reprise“ folgt mit einem Frage- Antwortspiel zwischen Gitarre und Bass im ebenso ausgefallenen „Ride Around“ so etwas wie System. Ein System, das sich nur Augenblicke später mit Arpeggios genüsslich zerfleddert. Verwunschener könnten sich Appetizer kaum eingießen.
Und weil sich hier die Luft vor den Boxen beim Flirren beobachten lässt, ist die Neugier auf das dritte Album dieser Band von Beginn an im roten Bereich.
Goat Girl kamen mit dem angstgetriebenen, selbstbetitelten Debütalbum von 2018 und dem Eskapismus von ”On All Fours“ (2021) aus dem geerdeten Milieu des Post-Punk. Mit „Below The Waste“ haben sie inzwischen zu einer Eigenständigkeit gefunden, die dem Genre entsteigt, ohne es zu leugnen.
Zwischen Warpaint und Sleater Kinney graben Goat Girl, eng am Plattentitel, nach der Schönheit unter einer schmutzigen Oberfläche. Von „Words Fell Out“ an thematisiert Lott Pendlebury für drei Songs mit einer Stimme zwischen grazil bis struppig, die Suchtprobleme ihrer Schlagzeugerin Roy Bones – ganz im Sinne eines familiären Zusammenhalts.
Und wieviel Eleganz bei diesem Thema aus Vocals, einem Bass, Gitarre und etwas Synthesizer-Fläche entstehen kann, (das Schlagzeug ist häufig so spartanisch, es zählt fast nicht, und wenn, dann gekonnt den asymmetrischen Takt) es ist beneidenswert.
Konträr dazu hämmert ein galliges „tcnc“ die stilistische Bandbreite in Gedächtnis, die die drei mühelos zu einer Kohärenz gesponnen bekommen. Neu sind außerdem Add-Ons wie partielle Streicher, ein süffisantes Saxophon-Solo oder ein Mellotron.
Nichts davon trägt dick auf, alles vergewissert sich lediglich seiner Wahrnehmung. Über irgendwas hinwegzuhören, das lässt sich auf diesem Album ohnehin nicht.
Nein, die verschachtelte Emulsion aus Noise-, Dream,- und Folkpop, sie ist so komplex wie schmeichelhaft, raffiniert vom Scheitel bis zur Sohle. Und mit welch geringen, aber doch keinesfalls einfachen Mitteln Goat Girl das dann zu ihrer reifesten Platte ausformulieren, da verneigt sich der Hut vor dem Träger.
„Below The Waste“ ist auch in der letzten Reihe blitzgescheit, ohne je den Finger zu heben. Ganz gleich, zu welchem Song man zugeschalten hat, man möchte instinktiv Teil dieser Gang sein, über die am Ende des Jahres erneut und umso mehr gesprochen werden wird.