„Wide Open, Horses“ ist nicht nur der Titel des siebten Albums von James Vincent McMorrow, sondern möglicherweise auch das, was der irische Songwriter am liebsten sehen möchte, wenn er aus dem Fenster schaut.

Einfach eine weitläufige, menschenleere Landschaft, dazu einige Pferde, die sich um nichts scheren außer das saftige Gras unter ihren Hufen – einfach ein geerdetes und ruhiges Leben abseits des menschengemachten Hochgeschwindigkeits-Trubels.

Schaut man sich die Diskografie des Sängers an, erzählt diese eine ähnliche Geschichte: Folkige Songs schwanden mit der Zeit – das 2020er Album „Grapefruit Season“ wurde poppig und elektronisch, zwar zeitgenössisch, aber nicht mehr das, was man von McMorrow kannte.

Nach diesem Pop-Höhepunkt folgte 2022 „The Less I Knew“. Hier biept und bupt es hin und wieder noch, aber die Akustikgitarren und Klaviere, sie sind wieder präsenter. McMorrow spürt sichtlich, dass es ihn wieder zu seinen Wurzeln zieht. Aber der letzte Ruck fehlt.

Dieser ist auf „Wide Open, Horses“ nun endlich geschehen. Der Ire hat sich wieder gänzlich den authentischen und melancholischen Indie-Folk übergeworfen, der sein songwriterisches Handwerk immer noch am besten zur Geltung bringt.

Die vergangenen Jahre sind allerdings nicht gänzlich an McMorrow vorübergegangen. Auf seinem siebten Album gibt er sich dynamischer, komplexer und gewachsen. Nachdenklicher, gar verkopfter können die neuen Songs da zuweilen wirken.

Wenn etwa der Titeltrack mit traurig gezupfter Akustikgitarre beginnt und die sanfte Falsettstimme des Sängers die schmerzlichsten Geschichten erzählt, nur um sich immer weiter aufzubauen und mittendrin in fulminanten Gefühlsexplosionen aufgeht – man möchte dranbleiben, mitfühlen und wissen, was als nächstes kommt.

Nach der emotionalen Klimax fällt der Song allerdings nahezu in sich zusammen: Komplexe Rhythmen, verschachtelte Strukturen und ein Ausblenden in die Stille vervollständigen den Song. Bei jemand Anderem würde das in die Hose gehen, bei McMorrow ist es eine Achterbahnfahrt der Gefühle.

Der Ire möchte, dass man ihm jederzeit noch folgen kann, eingängigem Konserven-Pop scheint er allerdings zunächst den Rücken gekehrt zu haben. So wie auf „Wide Open, Horses“ hat man McMorrow selten gehört – so klingt die wunderschöne Dekonstruktion von Country-Folk.

Und es tut ungemein gut, dabei zu sein, wie er seine alten Stärken nicht nur reaktiviert, sondern erweitert und zusätzlich stärkt. Es ist nicht mehr der alte James Vincent McMorrow – er ist nun anders, neuer, besser als jemals zuvor.

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