„Pick a little guitar, spill a little wine.“ Bei Madeleine Peyroux braucht es weder Netflix noch Designer-Klamotten oder angeberische Reisefotos auf Social Media. Zwei einfache Dinge wünscht sie sich auf ihrer Platte „Let’s Walk“: Sommer-Sonnenschein und Empathie.

Solange Menschen einfühlsam miteinander umgingen, reiche das zum Lebensglück, reflektiert die 50-jährige Singer/Songwriterin. Zart, intim, sensitiv und in den Arrangements sparsam, so zeigt sich die kosmopolitische New Yorkerin und Ex-Pariserin, sechs Jahre nach ihrem letzten Album.

Leicht wippend erweisen die meisten Lieder der Bewegung im Albumtitel die Ehre. An der ein oder anderen Stelle in den Songtexten erwähnt die Allround-Folk-Jazzerin die Einflüsse des Blues und des Gospel auf diese Platte.

Zwischen dem Afro-American Alternative-Folk einer Rhiannon Giddens, dem gemütlichen Storytelling James Taylors und den zydeco-getränkten Schunkel-Rhythmen des legendären Dr. John findet Madeleine Peyroux ihre Nische.

Im Modus des „Shakin‘ up, wakin‘ up / beat dropping / feet tapping“ während des Stücks „Showman Dan“ wird der Voodoo-Doktor sehr lebendig, bereits wenn das Klavier-Intro los bricht.

Gleichwohl die Scheibe in Übersee entstand, gelingen mediterrane Momente in der Mitte der Liedersammlung. Das frankophone „Et Puis“ in Chanson-Stil trägt dazu bei.

„Me And The Mosquito“ lässt offen, ob Flamenco, Rembetika oder Tango Pate standen. Am Ende des quirligen Tracks hört man eine Mücke surren. Solche Liebe zu Details hält Madeleine konsequent durch. Dadurch wirken die ausgefeilten Produktionen hochwertig.

Bei superber Abmischung kommen HiFi-Freaks gewiss auf ihre Kosten. Alle Songs hören sich so vollendet und schön wie auch warm und herzlich an. Sollte man einen herausragenden Anspieltipp suchen,dürfte das groovende, geschmeidige, anrührende „Nothing Personal“ alle Zweifel ausräumen.

Ein bisschen Skepsis darf man zwar haben bezüglich der altmodischen Art des Albums. Die meisten heraus hörbaren Wurzeln von „Let’s Walk“ führen offensiv in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Ein Spoken-Word-Tune am Ende, „Take Care“, bricht diesen Anachronismus zumindest lyrisch. Da attackiert Peyroux recht beschwingt den Turbokapitalismus, stellt Fai- Trade-Siegel von ‚Fast Fashion‘ infrage und spielt auf Umweltsünden in der Lebensmittelindustrie an.

Madeleine Peyroux zuzuhören, wie sie zu den süßen Tönen eines überraschend eingesetzten Vibraphons singt, rundet das Hörerlebnis ab. „Let’s Walk“ ist eine atmosphärische, leicht melancholische, liebenswerte und runde Sache geworden.

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