Nein zu Drogen! Das hallt immer noch in meinem Gehirn wider. Auch wenn es ein ständig wiederholtes Mantra meiner Eltern war, als ich auf mein erstes Punk-Konzert ging, hatten meine Eltern wohl eh bereits damit abgeschlossen, ein erfolgreiches, CSU wählendes Mitglied der Gesellschaft erzogen zu haben. Der Ratschlag mit den Drogen hatte sich auch nicht zur Zufriedenheit meiner Eltern umsetzen lassen und seit diesem Abend lässt mich der Punk nicht mehr los.

25 Jahre später erobert der Punk von Amyl And The Sniffers die Welt. Mit wehenden Fahnen schreiten Amy Taylor und ihr Musikquartett voran. Vom Melbourner Garagen-Punk hin zur Vorband der Foo Fighters war kein langer Weg, insbesondere, wenn man die fast vier Jahre Coronazeit berücksichtigt. 2016 gegründet, legen die Australier mit „Cartoon Darkness“ ihren dritten Longplayer vor. Und jetzt geht’s erst so richtig ab.

Den Namen der Frontfrau mal eben mit Amylnitrit (auch als Poppers bekannt) zweckentfremdet, machen sich Amyl And The Sniffers auf, eure Aufmerksamkeit zu erregen. Ob da nun Brüste gezeigt werden oder man der Inkontinenz freien Lauf lässt, überzeugen sollte man musikalisch. Und das gelingt auf 13 Titeln, der Zweieinhalbminuten-Punkregel folgend, wunderbar. No fucks given und die Mittelfinger in die Luft.

Schon „Jerkin´“ befeuert mit seiner Wortwahl den Bluthochdruck zartbesaiteter Gemüter und lässt Amy Taylor selbstbewusst wie einst Debbie Harry auf Koks auftreten.

Ebenso wasserstoffblond besingt die Australierin die harte Realität, die einen in seinen Zwanzigern das erste Mal wie „Chewing Gum“ an den Schuhen klebt. „Life is short, Life is fun – i am young and so dumb“.

Befeuert von einer röhrenden Riff-Armada zeigt sich Amy anschließend im „Tiny Bikini“ und ihren Shorts, ihrem persönlichen Wohlfühlkleidungsstück und stolziert damit rotzfrech näselnd, wie eine Teenagergöre im Freibad, auf und ab, bevor „Big Dreams“ den jugendlichen Übermut einholt.

Das Tempo runtergefahren, wandert man hier im tonalen Moll der Instrumente und lässt „It’s Mine“ mit röhrenden Verstärkern die Stimmung zerfetzen. Eineinhalb Minuten brachiales Bassgewitter und Saitenstakkato unter Amys aggressivem Mikrofoneinsatz, bringen den Punk roh und blutig auf den Tisch.

Der „Motorbike Song“ wummert wie eben jene Krafträder gemeinsam mit Amyl And The Sniffers über den Highway der gefühlten Freiheit.

„Doing In Me Head“ lässt die Knie zittern, der Drumbeat bringt die Köpfe zum Nicken und der Bass zwingt seine Jünger auf die Knie. Der Track ist so gnadenlos eingängig, man findet sich im Kopf glatt in der plärrenden Meute wieder, die diesen Titel von den verschwitzten Konzerthallen aus durch Europa tragen wird.

Wer jetzt noch nicht davon überzeugt ist, dass Amyl And The Sniffers die Ausflucht von dem spießigen 9-to-5 Job sind, dem liefert „Pigs“ eine weitere Hymne. Aussichtslos trudelnd, zerrt das Gitarrensolo am aufrecht erhaltenen Konstrukt, die wummernden Beats am Verstand und Amys Feststellung „We´re all pigs after all“ wird zur Eintrittskarte in den ganz persönlichen Fight Club.

Gut, dass uns „Bailing On Me“ verschwitzt eine Ruhepause mit Herzschmerz gönnt, bevor „U Should Not Be Doing That“, erneut die Basskeule auspackt. Die erste Singleauskopplung des Albums ist eine starke feministische Nummer, die Amy mit ordentlich Attitüde zum Besten gibt und dabei sogar die Bläserfraktion hervorlockt, die den Spannungsbogen des Tracks zerbersten lässt.

„Do It Do It“ lässt uns genau das tun. Egal was. Die krachigen, rumpelnden, in der Garage aufgezogenen Saiten zeigen den Weg auf und Amy deutet mit dem Mittelfinger in die richtige Richtung, den offensichtlich auch „Going Somewhere“ geht:

Der Bass rollt über Amys Predigt und lässt sie letztendlich mit „Me And The Girls“ betrunken, Parolen schwingend um die Häuser ziehen.

Amyl And The Sniffers sind ein Punk-Import mit roher, krawalliger 70er Attitüde und einer omnipräsenten Frontfrau. Nein zu Drogen! Sorry Mama. Aber diesen Poppers entkommt man nicht.

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