Eine Songwriterin aus Australien scheint die Versöhnung zwischen den Millenials und der Gen Z zu forcieren. Ob es die überhaupt braucht, steht auf einem anderen Blatt.
Das Debütalbum „Bruises“ von Jess Holt alias Total Tommy ist jedenfalls für Fans, denen London Grammar zu blumig und Chvrches zu fiepig sind. Für die das Live-Revival von Avril Lavigne aber gerade recht kommt. Okay, letzteres wird dem Ton von „Bruises“ nicht immer gerecht, trifft aber den Zeitspalt, auf den dieses Debütalbum zielt.
Ehrlicherweise wirkt der formvollendet Indie-Pop-Rock, der auf die Sünden der Millenials trifft, so druckvoll modern, dass zu keiner Zeit die Verwechslung zeitlicher Reihenfolgen droht.
Trotzdem fallen die Skater-Klamotten bei diesem Sound wie Fallobst von der Second-Hand-Stange. Je abgewetzter und schluffiger, umso besser. Mit Taschen, breit genug für die nächste Lachgasampulle.
Dabei hatte Total Tommy auf dem Weg zu ihrem Debütalbum nicht immer zu lachen. Vielmehr hat die Australierin mit einer Trennung, dem Umzug in eine neue Stadt und ihrem queeren Outing eine turbulente Phase hinter sich, die sich in Songs wie dem sehnsuchtsvoll bestimmten „Losing Out“ niederschlägt.
Mit vergleichbarer Dringlichkeit macht auch das Trennungslied „Real“ Gefangene, das seine Verletzlichkeit durch schimmernden Dance-Pop-Synthesizern betont. In den besten Momenten dieser Songs erreicht Total Tommy eine emotionale Tiefe, die fast an School Of Seven Bells heranreicht. Im wunderbaren „Ribs“ zum Beispiel.
Was fehlt, ist die Konstanz. Denn danach tritt die Platte zu sehr in die Klischees, die Avril Lavigne – mit den Monaten als uncool gebrandmarkt – vom Rampenlicht in die Ecke stellten. Wie schnell sowas gehen kann, braucht man niemandem erzählen, der den Lachgasrausch schneller dahinschwinden fühlt, als es der ungleich längere Weg zum Kiosk versprach.
Das grungige „Spider“ etwa fällt prompt aus dem schönen Rahmen, der sich bis hierhin aufgespannt hatte. Der Song hat mit seinen 90er Vibes nicht nur ab Veröffentlichung eine gewisse Patina angesetzt, das Faible für Garbage, Hole und Seattle auszuspielen, das können andere einfach besser – auch wenn die vermutlich genauso unwissend auf dessen Spuren wandeln.
Von diesem Knick erholt sich Total Tommy nicht mehr, wenngleich „Girlfriend“ noch einmal hoffen lässt, wo es doch mit den netten Verzweigungen zu Girl In Red aufhorchen lässt.
Wem das x-te Namedropping an dieser Stelle dann doch zuviel der leidigen Vergleiche ist, der hört am besten gar nicht erst rein in „Bruises“. Total Tommy ist schließlich so neu, dass dir ChatGPT bei der weiterführenden Suche (noch) nicht helfen kann.