The Cure sind in vorweihnachtlicher Geschenke-Verteilen-Stimmung. Nachdem erst vor sechs Wochen mit „Songs Of A Lost World“ ihr erstes Album seit 16 Jahren erschienen ist, gibt es jetzt schon das nächste – nämlich mit „Songs Of A Live World: Troxy London MMXXlV“ die Live-Aufführung dessen am 1. November im Troxy London. Mit 3.000 Fans vor Ort in dem denkmalgeschützten Art déco Venue und einer Million Zuschauer*innen weltweit im Live-Stream.

Passend zum Fest ist das neue Live-Album ein philanthropischer Soundkosmos zwischen Melancholie und Mission und ein luxuriöses Gesamtkunstwerk: Die CD und LP gibt es sowohl einzeln als auch als Doppel-CD- bzw. Doppel-LP-Set inklusive Originalalbum auf klarem Vinyl. Alle Einnahmen daraus spenden The Cure an die Organisation War Child.

Robert Smith, der poetische Architekt der Düsternis, dirigiert seine Band auf „Songs Of A Live World: Troxy London MMXXlV“ durch einen Abend, der zwischen schwarz-romantischer Meditation und wildem Dark-Pop-Aufruhr oszilliert.

Die Aufnahme, die das minutenlange, gewittergrollend-spannungsaufbauende Intro leider etwas abkürzt, fängt genau diese Momente ein, in denen Melancholie in Energie umschlägt – eine Alchemie der Gefühle, die so nur The Cure beherrschen.

Wie bei jedem Konzert, bringt dieses Album die Songs jenseits der sterilen Perfektion der Studioaufnahmen näher ans Herz. So verwandelt sich z.B. das Klavier-Intro zu Beginn von „And Nothing Is Forever“ von einer reproduzierten Tonsequenz in einen lebendigen Organismus. Das auf dem Studioalbum kaum wahrnehmbare Schüttelrohr, das Robert Smith während des gesamten Songs benutzt, wird auf dem Live-Album zu einem sanguinischen Detail.

Besonders bemerkenswert sind die Momente, in denen Smith seine Stimme wie ein Instrument der Sehnsucht einsetzt, so wie bei „Drone:Nodrone“ – mal gebrochen, mal triumphierend. Die Gitarren weben dazu eine Textur aus Melancholie und Widerstand, die den Zuhörenden den Atem raubt.

„Songs Of A Live World MMXXIV“ ist ein soziologisches Zeugnis einer Generation, die zwischen Hoffnungslosigkeit und rebellischer Kraft navigiert. Robert Smith schafft, obwohl er – wie üblich – außer einem „Thank you“ keinerlei Ansagen ans Publikum macht, eine beim Hören fühlbare Interaktion und kreiert eine Symphonie der Gefühle, die zeigt: Musik kann Wunden heilen und gleichzeitig neue aufreißen.

The Cure dekonstruieren musikalische Konventionen und haben im Troxy einen Raum jenseits von Genre und Erwartung erschaffen, verweigern dabei jede nostalgische Verklärung und geben doch die Suche nach dem Glücklichsein nicht auf.

Stattdessen zelebrieren sie eine Stunde lang eine zeitlose Gegenwart, in der jeder Akkord ein Aufschrei, jede Pause ein Atemholen zwischen Schmerz und Hoffnung ist. Bis am Ende nur die Liebe bleibt.

„Songs Of A Live World MMXXIV“ ist ein wichtiges Geschenk für alle, die dieser Welt noch eine Chance geben wollen. Ob Cure-Fan oder nicht.

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