Wer Black Country, New Road bisher nur als Isaac Woods melancholisches Art-Rock-Vehikel kannte, dürfte beim ersten Hören von „Forever Howlong“ stutzen. Die Band hat nach Woods Weggang Anfang 2022 nicht nur die Seiten umgeblättert, sondern gleich ein komplett neues Buch aufgeschlagen.

Die britische Rocktruppe macht nämlich nicht einfach da weiter, wo sie aufgehört hat – sie krempelt alles um. Statt Kummer und Katastrophe gibt’s jetzt Flöten, Folk und Freundschaft. Und das funktioniert überraschend gut.

Mit dem Opener „Besties“ wird direkt klar, wohin die Reise geht: ein lockerer Progressive-Pop-Trip mit süßen und kitschigen Lyrics über das Freundschaftsein und den gemeinsamen Kampf durchs Leben. Georgia Ellery, Tyler Hyde und May Kershaw teilen sich jetzt das Mikrofon und bringen dabei eine frische Dynamik, die zwischen Renaissance-Flair, Regina-Spektor-Intimität und theatralischer Folk-Dramatik changiert.

„The Big Spin“ verarbeitet Themen einengender Häuslichkeit mit überraschenden Country-Einflüssen, während „For The Cold Country“ eine selbstreflektierende Reise durch Neo-Canterbury-Klanglandschaften unternimmt.

Besonders „Nancy Tries To Take The Night“ beeindruckt – eine pastorale Akustikballade mit tragischem Ende, die in sechs Minuten eine komplette emotionale Achterbahnfahrt durchlebt.

Was dabei hilft, dass das alles nicht in einem musikalischen Ideen-Overkill endet: Produzent James Ford von Simian Mobile Disco. Dieser sorgt mit sicherer Hand dafür, dass auch die verspieltesten Flötensoli und Mandolinen-Passagen genau da landen, wo sie hingehören – als feine Details in einem Album, das oft mehr wie ein kunstvolles Theaterstück wirkt als wie ein klassisches Rockalbum.

Ist „Forever Howlong“ so umwerfend wie „Ants From Up There“ (2022)? Wahrscheinlich nicht. Muss es auch nicht sein. Dies ist kein Versuch, Isaac Wood zu ersetzen oder die Vergangenheit zu reproduzieren. Es ist ein mutiger Neuanfang, der besonders weibliche Perspektiven in den Vordergrund rückt.

Für eingefleischte Fans der Vorgängeralben mag das zunächst ein kleiner Kulturschock sein. Doch wer sich auf die neuen Klangwelten einlässt, entdeckt ein verspieltes, überraschend reifes Abenteuer, das seine ganz eigenen Qualitäten hat.

Black Country, New Road schlagen ein neues Kapitel auf – und es lohnt sich definitiv, ihnen auf dieser Reise zu folgen.

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