Dass sie den sinfonischen Auftritt beherrschen, ist bestens bekannt, seitdem Laibach 1987 eine „Macbeth“-Aufführung am Hamburger Schauspielhaus vertonten.

„Alamut“ ist, den Produktionsumfang betreffend, mehrere Nummern größer, neben Laibach haben eine ganze Reihe weiterer Künstler*innen, das Werk am 6. September 2022 im Freilichttheater Križanke, Kloster des Heiligen Kreuzes, in Ljubjana eingespielt. Neben dem RTV Slovenia Symphony Orchestra ist das Human-Voice Ensemble aus Teheran zu hören, außerdem der Gallina Women’s Choir und mit dem AccordiOna ein vom Iraner Navid Gohari dirigiertes, anlassbedingt um männliche Spieler erweitertes, 25-köpfiges Akkordeon-Orchester für Frauen.

Der Besetzung entspricht der kosmopolitischen Denk- und Arbeitsebene des slowenischen Ensembles. Die bearbeitete Grundlage, eine Erzählung aus Nahost um Hassan-i Sabbāh, religiöser, politischer und als Gründer der Assassinen auch militärischer Führer der Nizari-Ismailiten, ist zwar regional verortet, im aktuellen Kontext international präsenter denn je.

Mit der Verbindung von Propaganda und Totalitarismus wurden Laibach seit ihrer Gründung kontrovers diskutiert, der Roman „Alamut“, in dem ihr Landsmann Vladimir Bartol die persische Geschichte 1938 inmitten des blühenden italienischen Faschismus platzierte, entspricht dem künstlerischen Habitat der Protagonist*innen.

Atonalität und Dissonanz sind Kernelemente, mit denen Laibach von Feuilleton-Leser*innen bis zu Nordkoreas Herrscherriege zu beeindrucken wussten, und dies bildet auch dato die Basis des in acht Kapitel gegliederten Opus, in dem weite Teile von einer donnernden Industrial-Grundierung dominiert werden.

Bläser bestellen ein kakophones Feld, auf dem die Poesie der Verse nur schwer gedeihen kann, spielen die Akkordeons kaum eine Melodie, sondern tragen zu den allgemeinen „War“-Wirren auf dem Schlachtfeld der höheren Ideen bei, über denen zuweil Strawinskis Feuervogel wild mit den Flügeln zu schlagen scheint.

Inmitten brachialer Wucht bleibt die Ruhe in den „Secret Gardens“ trügerisch, wühlt die von traditionellen Vokaltechniken und Naturtönen getragenen „Transition“ auf, zerstreut sich die Hoffnung mit „The Metaverse“ in einzelne Pianotöne.

Nachdem „The Doors Of Perception“ aufgestoßen sind, klingt es nach einem Klagelied, mit dem der Chor schlussendlich Milos Fras‘ nihilistisches Gemurmel aus der Grabkammer der Menschheit begleitet, eine „Meditation“, die sich nicht nach einem guten Ende anhört.

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