Soulwax existierten trotz langer Album-Abstinenz hinter den Kulissen weiter, mit Soundtracks, Remixes, Label-Arbeit, Produktionen für andere. Mit dem einigermaßen harten und schrillen „All Systems Are Lying“ melden sie sich mit frischem eigenen Material zurück, acht Jahre nach „From Deewee„.
Der neue Albumtitel mag vieles umschließen, von Kritik am ahnungslosen Einsatz von Technologie, also technischen Systemen, bis zur Dysfunktionalität politischer Systeme und des Kapitalismus. Alle Systeme würden lügen, hämmern uns die Belgier förmlich ein.
Die Beats zeigen sich von einer schneidenden, kompromisslosen und erfrischend wagemutigen Sorte. Flächig klingt sehr vieles anders in den Szenen von Electronica, House und Techno heute, Soulwax hingegen hauen auf den Putz und befreien sich von Erwartungen bestimmter Subkulturen: Kantig, pulsierend, im Stakkato, knatternd präsentieren sie sich.
Der allererste Song des Albums vereint mehrere Klangfarben des Albums auf sich und bietet einen ganz passenden Vorgeschmack. In den konventionelleren Abschnitten kann man meinen, bei Orchestral Manoeuvres In The Dark oder Human League in den Achtzigern gelandet zu sein – wobei auch diese Akteure oft ihrer Zeit voraus waren.
Unverkennbar hat sich Resignation angestaut: „If you can’t fuck up, then never mind (…) if you can’t flip a scrip, why even care“, heißt es in „Gimme A Reason“. Soulwax philosophieren in diesem atmosphärisch mächtigen Song darüber, ob und wie man den Lauf der Dinge drehen kann.
Ein Beispiel für eine Kehrtwende: Im lärmenden Maschinenpark liege sowohl die Ursache manchen Übels als auch ein Mittel zur Kur, mit Horizont erweiternder Musik, die einem Computerspiel entsprungen zu sein scheint. Und auch eine Glücksmaschine verspreche zu heilen und zu helfen, die „Constant Happiness Machine“.
Während sich ein großer Bogen auf dem Album, von „Meanwhile On The Continent“ bis einschließlich „The False Economy“ in quirlige, alternative Elektronik-Spielereien vertieft, rahmen anfangs „Run Free“ und am Ende die letzten vier Tracks diese mittlere Experimentier-Strecke mit handelsüblicheren Klängen ein.
Die Gitarren von einst lassen die Brüder Dewaele nun gerne beiseite. Sie präsentieren ein Feuerwerk aus tollen Beat-Clashes, bissiger Lyrik und fantasievollen Synth-Abenteuern.
