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EMA – The Future’s Void

Als 2011 die gerade den Drone-Folkern Gowns entsprungene Erika M. Anderson aka EMA ihr Debut „Past Life Martyred Saints“ veröffentlichte, schien der Platz, an dem die Indie-Welt noch in Ordnung ist, gefunden. Irgendwo zwischen Lo-Fi, Industrial und Converse Sneakern versprühte der Sound der Frau aus South Dakota eine Aura aus Freiheit, Abenteuer und Selbstbestimmtheit.

Dabei waren Zeilen wie „I’m just 22/I don’t mind dying“ im Song über ihre dröge Wahlheimat Kalifornien nicht unbedingt von durchgängig heiteren Charakter durchflutet. Aber wer wollte schon nicht nach den letzten Lyrics „If you won’t love me, someone will“ des abschließenden „Red Star“ jener “Someone” sein.

Mit jener Platte hat Anderson natürlich die Messlatte für das ohnehin schwierige zweite Album auf eine beachtliche Höhe gelegt. Aufgenommen wurde das neue Werk “The Future’s Void” wieder in den eigenen vier Wänden, beim Produzieren half Leif Shackelford (auch Mitglied ihrer Live-Band). Als Einflüsse werden frühe Demo Aufnahmen von den Nine Inch Nails und William Gibson´s Romantrilogie Neuromancer genannt.

Die Platte soll, dem reparaturbedürftigen Cyber-Cowboy aus den Büchern angelehnt, einen  kritischen Blick auf unser Online dominiertes Leben werfen, in dem Zugang Überwachung bedeutet und das Individuum als Ware verstanden wird.

EMAs Blick durch die Virtual-Reality-Brille auf dem Cover ist symbolisch mit jenem, den wir benutzen, um in die Gegenwart schauen, als wäre diese nur eine weitere App auf einem Smartphone, ohne diese angebotene Wahrnehmung mit unserer Erinnerung zu vergleichen. „Dissoziation ist eine moderne Krankheit“ sagt EMA und recht hat sie.

Nach dem fulminanten Einstieg mit dem bereits im Vorfeld  veröffentlichten, hektischen Semi-Industrial Stück „Satellites“ (das Video dazu spielt der Do-it-Yourself Affinität Andersons folgend im Baumarkt)  kommt im Anschluss das rotzig herunter geklampfte „So Blonde“ einem Ass-Kick auf verkrampft naive Frauen-Power Nummern gleich, während folgend „3Jane“ einen ganz anderen Weg einschlägt und beinahe beim Dream-Pop andockt.

Der Höhepunkt der Platte ist bereits beim Song „Cthulu“ erreicht, nach unspektakulären Beginn steigert sich das Stück ab der Zeile „The other is in sight“ zu einem bedrohlichen Epos mit einer dramatischer Soundkulisse, vor der sich die Künstlerin ausufernd in Stimmakrobatik übt. Mit ihrer Fähigkeit, Melodien Ecken und Kanten und zu versetzten, bleibt dann auch eine Singer-/Songwriter Nummer wie „When She Comes“ unter eigener Kontrolle und klingt eben nicht wie Cat Power.

Im letzten Drittel der Aufnahmen bestimmen neben Sequenzern und Synthesizer Töne den Sound, die klingen wie das kaputte Diskettenlaufwerk eines C 64. Es wäre aber kein EMA Album, wenn nicht auch ein Snare-Drum im Pfadfinderlager Stil auftauchen würde. In diesem Teil des Albums kommt die Obsession der Künstlerin für lyrische Momente zum Tragen.

Die Stücke sind glimmende Tongedichte, der Gesang wirkt verletzlich, bleibt aber immer voller Stolz. Zukunftsängste werden trotzig ignoriert wird und so wird das abschließende „Dead Celebrity“ zum Soundtrack für ein Staatsbegräbnis, Feuerwerk inklusive.

„The Future’s Void“  kann zwar die Erwartungen nicht über die volle Rundenzahl erfüllen, ist aber schon jetzt eine der herausragenden Platten des Jahres.

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