Der Jogginganzug ist bei dieser Tour im Koffer geblieben, der Rauschebart der Vergangenheit wurde in Form gebracht und das Eels Kollektiv aus vier Begleitmusikern präsentierte sich stattdessen im feinen Zwirn, der mindestens ebenso gut saß wie die zahlreichen Songs, die die Band rund um Sänger Mark Oliver Everett im Berliner Tempodrom zum Besten gab.
Mit dem aktuellen Album „The Cautionary Tales of Mark Oliver Everett“ hat „E“ ganz bewusst ein Konstrukt an Songs geschaffen, das eher auf leisen Sohlen unterwegs ist. Für den Konzertabend in der Hauptstadt hieß es daher auch Platz nehmen auf einem der vielen Stühle im Saal, die auf ein überschaubares, dezent gehaltenes Bühnenbild blickten, das vor allem durch eine funkelnde Lichterwand im Hintergrund und einem Kreis aus schwebenden Glühbirnen bestand, der hoch über dem Kopf vom Eels-Frontmann hing.
Nicht, dass man bei diesem den Eindruck hatte, ihm müsste in irgendeiner Form noch ein Licht aufgehen. Der Stromschalter bleibt einfach konsequent umgelegt, was auch die neuen Songs im großen Werk des amerikanischen Songwriters betrifft. Doch vor allem live fällt immer wieder positiv auf, was Mark Oliver Everett bereits für Unmengen an teils berührenden, teils polternden Songs geschaffen hat. „E“ nimmt mit spielerischer Leichtigkeit die Rolle des Geschichtenerzählers ein, der auch im Verlauf der Berliner Show die Brücke zwischen empfindsamem Storytelling und impulsiv-humorvollen Ansagen schlägt.
So bezeichnete er scherzhaft die eigenen Songs in verschiedenen Abstufungen als „Nieten“, hatte hier und da die Nase voll vom desolaten Sängerdasein und sorgte mit Songs wie „Fresh Feeling“ oder „I Like Birds“ für temporäre Auflockerung. Trotz der andächtigen Atmosphäre, die sich oftmals im Radius aus Versunkenheit und ergriffenem Zuhören bewegte, geriet das Set niemals in Gefahr auch nur annähernd zu ermüden. Vielmehr hatte es den Anschein das Publikum würde fieberhaft die von „E“ in den dunklen Saal geworfenen Worte nachdenklich aufnehmen, um ganz vertieft die Seele der Songs und damit auch ein wenig sich selbst zu ergründen.
Und im Eels-Archiv gibt es wohl nichts, das von dieser Wirkung ausgenommen ist. Ob „Grace Kelly Blues“, „It’s A Motherfucker“ oder „A Line In The Dirt“, die an diesem Abend den Weg auf die Setlist fanden, sie alle trugen wie kleine Episoden dazu bei den abwärts gerichteten Blick auch immer wieder ein wenig anzuheben. „E“ tat mit dem mittlerweile zum Standard gewordenen Gruß auf Deutsch „Dankeschön, mein Schatzi“ auch gut daran die aufkommende Schwermut mit einem Schlag aus dem Tempodrom zu verbannen.
Am liebten hätte er die vielen Fans wohl einzeln umarmt, aber so blieb ihm nur das Verschlingen seiner Arme um den eigenen Körper und ein kurzer Spaziergang mit vielen liebevollen Umarmungen in den ersten paar Sitzreihen als Zeichen seines aufrichtigen Dankes. Eine laut eigener Aussage wunderbare Erfahrung für ihn – einmal von dem „Trottel“ abgesehen, der ihm im Gemenge ein wenig rüpelhaft den Kopf tätschelte und anschließend vor versammelten Publikum dafür verbal gerügt wurde!
Doch auch dieser kam anschließend in den Genuss gleich dreier Zugabenblöcke, bei denen die Fans längst von ihren Stühlen aufgesprungen und an den Bühenrand gepilgert waren, um dort u.a. Songs wie „I Like The Way This Is Going“ oder den Elvis Presley Klassiker „Can’t Help Falling In Love“ aus nächster Nähe zu hören. Egal ob am Piano, der E-Gitarre oder nur das Mikrofon schützend vor sich – Mark Oliver Everett zog die Zuschauer auf fühlbar intensive, tiefgründige und zugleich humorvolle Art gute eineinhalb Stunden in seinen Bann und präsentierte sich als smarter Entertainer mit Charme, der weder in seinen Songs noch bei der Interaktion mit den Fans um ein Wort verlegen war. Dankeschön für diese Performance, mein Schatzi!