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Ich würde für die Musik auf den Mars ziehen – Ballet School im Interview

Wer in den Achtzigern aufgewachsen ist, kann sich mit dem Sound von Ballet School zurück in seine Jugend beamen. Auf ihrem Debüt-Album “The Dew Lasts An Hour” präsentieren sie ein Museum mit Synthie-Sounds und E-Drums, die heute nur noch selten zum Einsatz kommen. Die Band besteht aus der irischen Sängerin Rosie Blair, dem brasilianischen Gitarristen Michel Collet und dem britischen Schlagzeuger Louis McGuire. Alle drei haben sich unabhängig voneinander dafür entschieden, in Berlin zu leben. Wie sie zusammen gefunden haben erzählt Sängerin Rosie Blair im Gespräch mit MusikBlog.

MusikBlog: Euer Album heißt „The Dew Lasts An Hour“ – Der Tau bleibt also nur für eine Stunde. Das ist eine schöne Metapher. Aber für was?

Rosie: Ich glaube, der Tau steht für die Jugend und die Schönheit. Das sind vergängliche Dinge.

MusikBlog: Du bist jetzt 30. Ist die Vergänglichkeit der Jugend ein Thema, das dich selbst schon beschäftigt?

Rosie: Ich glaube, das beschäftigt jeden. Als junger Erwachsener bist du nicht mehr so unschuldig. In jedem Leben gibt es den Moment, in dem die Unschuld der Erfahrung weicht. Dann kannst du nie wieder zurück. Du kannst ja nicht aufhören, etwas zu wissen, das du vorher nicht gewusst hast. Das ist Weisheit. Sie verleiht dir Charakter und gibt deinem Leben einen Sinn. Aber gleichzeitig beraubt sie dich der Person, die du vorher warst, in einer Zeit als das Leben noch leichter war.

MusikBlog: Wie hat es dich von Irland nach Berlin verschlagen?

Rosie: Da war ein Produzent, der in Berlin gelebt hat, mit dem ich unbedingt zusammenarbeiten wollte. Und für meine Musik würde ich alles tun. Ich würde sogar auf den verdammten Mars ziehen. Also habe ich mein Apartment in Irland vermietet und bin nach Berlin gezogen. Als ich dann da war, hat der Produzent plötzlich beschlossen, dass er keine Musik mehr machen will und stattdessen lieber ein Restaurant eröffnet (lacht). Und dann war ich hier gestrandet. Ich habe darüber nachgedacht, zurück zu gehen, konnte mich dann aber selbst nicht gehen lassen. Ich war ja hier, um Musik zu machen.

MusikBlog: Eure Band hat sich in der Berliner U-Bahn gegründet. Dort hast du euren Gitarristen Michel getroffen. Wie war diese Situation für dich?

Rosie: Es war richtig spät, fast sechs Uhr morgens. Ich hatte die ganze Nacht in einer Cocktail-Bar gearbeitet. Ich war erschöpft und lief in die U-Bahn-Station „Rosenthaler Platz“. Dort hörte ich diese schöne Musik. Ich dachte erst, das kommt irgendwo aus einer Anlage. Dann sah ich aber, wer diese Musik spielte und wusste sofort, dass diese Person ein außergewöhnliches Talent hat. Das war unglaublich. Ich habe so lange nach jemandem gesucht, mit dem ich eine Band starten kann und nie die richtigen Leute dafür gefunden. Aber in diesem Moment war es klar. Ich meine, ich würde niemals alleine einen fremden Typen auf dem Heimweg in der U-Bahn anquatschen. Aber ich bin sofort zu ihm gelaufen und habe gefragt: „Willst du eine Band mit mir gründen?“. Er fragte: „Welche Richtung?“. Ich sagte: „Cocteau Twins”. Er sagte: “Ja”.

MusikBlog: Konnte man aus der Musik, die Michel in der U-Bahn gespielt hat, schon den Sound von Ballet School raus hören?

Rosie: Es war genau der gleiche Sound: himmlisch und schön, richtig gefühlvoll gespielte Gitarrenmusik. Erst später haben wir andere Elemente hinzugefügt. Nachdem ich Michel getroffen habe, suchten wir ja erst noch einen passenden Schlagzeuger. Das dauerte dann nochmal fast eineinhalb Jahre. In der Zeit haben wir es mit verschiedenen Schlagzeugern ausprobiert und erst mit Louis war es richtig gut. Er spielt E-Drums, die sind mehr beat-orientiert und gefallen uns besser als ein Indie-Rock-Schlagzeug. Nach und nach hat sich dann unser Stil heraus kristallisiert.

MusikBlog: Eure Musik erinnert mich sehr an die 80er-Jahre. Warum genau diese Zeit?

Rosie: Ich habe die Theorie, dass jeder Musiker in seiner Kindheit eine Phase hat, in der er ein gutes Ohr für Musik entwickelt. Also wenn du zum Beispiel lernst, wie eine gute Melodie klingt. Da hat die Musik, die man in dieser Zeit hört, einen Einfluss darauf. Ich hatte diese Phase mit vier Jahren so um 1988. Die Rhythmen und Melodien von damals haben mich geprägt. Mit ihnen habe ich die Musik kennengelernt. Klar habe ich dann als Teenager auch Grunge oder Dance-Musik gehört und später dann Punk. Und ich habe ja auch in vielen verschiedenen Bands gesungen, da sammelt man natürlich Erfahrungen und lernt neue Fähigkeiten dazu. Ich habe viele Einflüsse in meiner Musik, von Nirvana über R.E.M. bis hin zu Britney Spears und Rihanna. Aber mein wichtigstes Ziel als Songwriter ist es, Musik zu schreiben, die mich an die Zeit erinnert, als ich ein kleines Kind war und zum ersten Mal das Radio angemacht habe.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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