Kele schluchzt, Kele bettelt, Kele verführt. Mit lässigen Beats, ein paar guten Einfällen an den Reglern und einer Handvoll mehr Hook-Ideen als noch auf dem Solo-Vorgänger „The Boxer“, verweist der Bloc Party-Sänger in die geheimnisvollen, schattigen Ecken eines zwielichtigen Clubs. Die schweißtreibenden, selbstvergessenen Tracks halten dafür ein paar dunkle Töne bereit, die sich recht einfach zusammenfassen lassen: Sex. Pur.
So zeigt ein erster unschuldiger Blick auf das Cover der neuen Solo-Arbeit des Briten schnell, dass diese alles andere als züchtig gehalten ist: Allein die Tracklist liest sich wie eine Geschichte des brünstigen Kennenlernens, in welcher es ziemlich schnell und voller Ungeduld zum berüchtigten 24-Uhr-Sport1-Niveau kommt. Vorerst gestaltet sich der Opener „First Impressions“ recht zögerlich, fast abtastend . Mit gediegen tiefer Stimme steuert Kele einen der wenigen Tracks bei, auf welchen er eben nicht klingt wie – ja, wie Kele Okereke.
Viel kritisiert wurde das Eigenschaffen des Sängers, der sich an der Produziererei versucht. Zu sehr würde das Material an das alte Bloc Party-Zeug bei nach wie vor recht belanglosen Lyrics angelehnt sein. An all die Meckernden: Verändert hat sich nicht allzu viel. An alle Fans: Es hat sich nicht allzu viel verändert. „Year Zero“ erzeugt beispielsweise im Kehrschluss genau seine Eigenaussage, einen Anfang bei Null. Die unverwechselbare Kopfstimme und Melodieführung Okerekes könnten bei experimentellerem Beat gut und gerne auf Bloc Partys herausragendem „Intimacy“ platziert sein.
Doch kommen wir zum angesprochenen Mitternachts-Schmuddelfernseh-Niveau. Kleine Kostprobe gefällig? „Humour Me“ macht den Anfang. Nach gediegenem Intro entwickelt der Track sich zu einem dicken Bass-Stampfer, welcher ein jeden die Böse Katze durchgängig beatboxen lässt und eine Fläche für Keles bettelnden („don’t break up“, „why can’t you see me“, „why can’t you hold me“) und vielversprechenden („let my love take you higher“) Gesang bietet. Zur Sache geht es dann schnell: Lecker Anspielungen im Club, dass sein Hotelzimmer nicht allzu weit entfernt liege und er seinem Gegenüber die „Sterne zeigen möchte“, entspringen eindeutig keiner jungfräulichen Natur („My Hotel Room“).
Damit scheint der Sänger erfolgreich zu sein. „Stay The Night“ schafft es, bei schleppendem Beat ein Album ausklingen und die Jalousien herunter zu lassen: Text-Schnipsel à la „Let me feel you / let me please you / well in the bedroom with the lights low“ oder „from body to body let me be your lover“ lassen auf einen Abschlepp-Erfolg schließen. Glückwunsch!
Doch was soll all das Meckern und Analysieren, Interpretieren und Stochern: Herr Okereke gibt darauf keinen feuchten Pups, wie er in einem Interview mit MusikBlog durchscheinen lässt. Infolgedessen ist wohl weiterhin mit der unverwechselbaren Stimme auf verwechselbarem Material zu rechnen.