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Dylan 2.0? – Fraser A. Gorman im Interview

Ein neuer Bob Dylan? Wozu? Der alte ist doch noch da. Egal, was man über Fraser A. Gorman liest, irgendwie fällt darin immer der Name Bob Dylan. Und wenn man ein Foto von ihm gesehen hat, kennt man zumindest einen der Gründe dafür. Denn nicht nur durch seine Afrokrause sieht der 24-jährige Australier aus Melbourne schon ziemlich so aus wie eine jugendliche Reinkarnation des noch recht lebendigen Altmeisters. Aber nicht nur über die Optik lässt sich die Parallele ziehen. Auch Gorman’s Songs hört man an, dass die Begegnung mit Dylans Alben aus den Sechziger und Siebziger Jahren Spuren hinterlassen hat. Aber nicht nur Dylan hat ihn beeinflusst. Die zehn Songs seines ersten Albums „Slow Gum“ zeigen generell eine Liebe zum Country-Rock, Folk und Rock ‚n‘ Roll der späten Sechziger und frühen Siebziger. Erschienen ist das Album auf Courtney Barnetts Milk! Label, mit der Fraser A. Gorman eine intensive Freundschaft verbindet.

Wenn man es so liest, klingt das nach einer Retro Stilkopie. Dem ist aber nicht so. Gorman schafft es, aus diesen Einflüssen sein eigenes Ding zu basteln. Es ist mehr eine Fortführung alter Traditionen, als eine bloße Kopie. Wir haben ihn uns auf seiner ersten Headline-Tour für ein Interview gegriffen. Unter anderem mit dabei: Natürlich Bob Dylan, Neil Young, Townes Van Zandt, David Bowie und Courtney Barnett.

MusikBlog: Du warst zwar mit Courtney Barnett schon einmal in Europa, aber diesmal spielst Du deine ersten eigenen Headline-Shows. Wie ist es, wenn man jetzt selber im Mittelpunkt des Interesses steht? Ich kann mir vorstellen, dass das besonders in Hinblick auf Interviews erstmal eine eigenartige Erfahrung ist.

Fraser A. Gorman: Es ist schon ein bisschen seltsam. Man muss damit klarkommen, dass man viel über sich selbst reden muss, was man aber in der kurzen Zeit eines Interviews nicht immer ganz vermitteln kann. Aber es ist eben ein Teil davon, den man machen muss, wenn man als Musiker auf Tour ist. Inzwischen hab‘ ich mich aber daran gewöhnt. (gähnt)

MusikBlog: Klingt so, als wärst Du müde.

Fraser A. Gorman: Ja, bin ich. Wir sind heute Morgen schon ziemlich früh von London nach Berlin geflogen. Aber das ist schon ok. Das gehört eben auch dazu.

MusikBlog: Ist ja auch für einen guten Zweck. Es geht ja darum, Dein erstes Album „Slow Gum“ zu promoten. Was erwartet einen damit?

Fraser A. Gorman: Es ist stilistisch nicht unbedingt ein lineares Album, sondern in sich eher abwechslungsreich. Im Wesentlichen ist es Singer/Songwriter Rock ‚n‘ Roll mit einem besonderen Akzent auf den Texten. Die Songs auf „Slow Gum“ sind beeinflusst von altem Country und Rock ‚n‘ Roll und decken in diesem Spektrum viele Genres ab. Aber es ist schwer zu sagen, ob es dies oder das ist. Man hört es sich am besten einfach selber an.

MusikBlog: Wenn man sich mal durchliest, was bislang zu Dir und deiner Musik geschrieben wurde, taucht immer wieder der Vergleich zum jungen Bob Dylan auf. Wieviel Dylan steckt wirklich in deinen Songs?

Fraser A. Gorman: Ich liebe Bob Dylan, The Band und die ganzen Sachen, die sie zusammen in ihrer Basement Tapes-Phase gemacht haben. Ich bin wirklich ein großer Verehrer von Dylan. Alben wie „Nashville Skyline“ und „Self Portrait“ haben mich schon ziemlich beeinflusst. Und ich denke, ich kann es nicht verbergen, dass das auch in meiner Musik ein wenig durchschimmert.

MusikBlog: Gibt’s noch andere Musiker, die Dich beeinflusst haben?

Fraser A. Gorman: Klar. Ich liebe auch noch andere Songwriter aus den späten Sechzigern und frühen Siebzigern. Wie zum Beispiel den frühen Neil Young, die Flying Burrito Brothers oder Gram Parsons. Ich mag die Stones in ihrer „Exile On Mainstreet“-Phase und Lou Reeds „Transformer“. Diese ganzen Alben haben mich beeinflusst. Das ist der Sound den ich mag. Und mit diesen Bands und Musikern verglichen zu werden, ist schon ein ziemlich großes Kompliment.

MusikBlog: Du bist 24 und diese Musik ist schon eine Weile vor Dir entstanden. Wie bist Du auf sie gekommen?

Fraser A. Gorman: (lacht) Ich denke, einen Teil meiner musikalischen Erziehung habe ich Freunden zu verdanken, die sich ziemlich mit frühem Blues, Sechziger und Siebziger Rock ‚n‘ Roll und diesen ganzen Sachen auskennen. Und natürlich gibt’s das Internet. Immer wenn ich mehr über eine Band wissen wollte, die mich interessierte, war es kein Problem, auch etwas über sie zu finden.

MusikBlog: Zurück zu Deiner Musik. Bei einem Singer/Songwriter haben natürlich die Texte ein ziemlich starkes Gewicht. Und es gibt verschiedene Methoden und Perspektiven, wie man in einem Song etwas erzählen kann. Was ist für Dich wichtig? Klassisches Storytelling? Autobiographische Reflexionen? Oder…?

Fraser A. Gorman: Ich würde sagen, es ist von allem ein bisschen. Ein Teil meiner Songs ist sehr autobiographisch. Manches basiert mehr auf Beobachtungen. Und anderes muss man nicht unbedingt so wörtlich nehmen. Ich habe kein Problem damit, verschiedene Songwriting-Formen zu benutzen. Ich bin ein großer Fan von Texten vieler unterschiedlicher Musiker. Ich finde zum Beispiel Townes Van Zandt großartig. Er ist einer meiner Lieblings-Countrysänger. Seine Texte sind oft sehr nüchtern. Es sind reale Stories, die nicht selten ungeschminkt offen und sehr direkt sind. Andererseits mag ich auch David Bowie. Seine Art, zu texten geht wiederum sehr oft ins Abstrakte. Es ist kein klassisches Storytelling, sondern eher abgedreht. Ich bin auch ein Fan von seiner Art, Texte zu schreiben.

MusikBlog: Gibt es eine besondere Situation oder Stimmung, in der Du am besten schreiben kannst?

Fraser A. Gorman: Normalerweise schreibe ich, wenn ich auf meinem Bett sitze und Gitarre spiele. Ich vermute mal, dass klingt jetzt ziemlich banal. Aber so ist es eben. Dadurch, dass ich jetzt öfter auf Tour bin, schreibe ich inzwischen allerdings auch unterwegs. Immer wenn ich auf den Soundcheck warte oder ein bisschen Zeit habe, arbeite ich an Songs.

MusikBlog: Von Deinem Bett in die Welt. Der Erfolg von Courtney Barnett hat anscheinend auch deiner Karriere geholfen. „Slow Gum“ erscheint auf ihrem Label Milk! Records. Was verbindet euch beide?

Fraser A. Gorman: In Melbourne gibt es eine Menge guter Musiker. Und ich bin mit Courtney schon lange befreundet. Sie hat mich und meine Musik schon lange unterstützt. Und ich natürlich auch ihre. Wir sind wirklich gute Freunde und unsere musikalische Beziehung basiert natürlich darauf. Courtney hat mich vor Jahren schon gefragt, ob ich auf ihrem Label veröffentlichen möchte. Und dadurch, dass sie inzwischen bekannter ist, ist auch Milk! Records ziemlich gewachsen. Es ist wirklich cool, ein Teil davon zu sein.

MusikBlog: Es ist natürlich nicht so, dass man als Singer/Songwriter direkt zu Anfang mit Geld überschüttet wird. Du finanzierst Dich als Zimmermann auf dem Bau.

Fraser A. Gorman: Stimmt! Das ist mein Job in Melbourne. Dadurch, dass ich jetzt mehr unterwegs bin, komme ich inzwischen allerdings weniger dazu. Aber nach dieser Tour werde ich wieder ein bisschen als Zimmermann arbeiten. Das mit dem Touren hat schon zugenommen, so dass ich weniger Zeit finde, auf dem Bau zu sein.

MusikBlog: Du hast aber auch mal Psychologie studiert. Oder zumindest mal damit angefangen.

Fraser A. Gorman: Ich war nicht allzu lange an der Uni. Irgendwie hat es mich nicht sehr interessiert und ich hab‘ nicht sonderlich viel gemacht. Deswegen habe ich schnell damit aufgehört. Danach habe ich noch mal eine kurze Zeit Schauspiel studiert. Aber eigentlich habe ich es nur gemacht, um Geld vom Staat zu bekommen, damit ich in Bands spielen konnte. Ich bin also nicht gerade das Musterbeispiel für einen Studenten.

MusikBlog: Es scheint so, als würde es Dir eher liegen, mit Deinen Händen selbst etwas zu machen. Kreativ zu sein.

Fraser A. Gorman: Ja, das stimmt! Egal ob es Musik oder die Arbeit auf dem Bau ist. Sie haben beide mit Kreativität zu tun. Etwas selber zu erschaffen. Das macht mir einfach viel Spaß. Die Arbeit auf dem Bau hat übrigens noch einen Vorteil, denn man kann dabei Musik hören. Also, beides passt schon.

MusikBlog: Gibt’s ein besonderes Ziel, dass Du mit deiner Musik erreichen möchtest?

Fraser A. Gorman: Ich bin 24 und hatte das Glück, schon ein wenig von der Welt zu sehen und ein paar Shows zu spielen. Das macht wirklich Spaß. Ich werde einfach weiter Platten machen und sehen, was sich daraus entwickelt.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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