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Martin Courtney – Many Moons

„You will not find me wasting my energy“ garantiert Martin Courtney im Opener seines Solodebüts. Und der Sänger von Real Estate hält sein Versprechen ein. Die zehn Stücke auf „Many Moons“ sind ein Musterbeispiel für tiefenentspanntes Songwriting geworden, das scheinbar nur koffeinfreien Kaffee kennt.

Ziemlich häufig erkundet Courtney die Schnittstellen von Schlaf und Erwachen. „In the middle of a dream / You know I´m still asleep / Early In the morning, consciousness is forming“ heißt es im dazu passend beweglichen Psychedelic-Pop von „Asleep“.

Deswegen mäandert auch nahezu alles in bequemem Midtempo und kurz bevor die Gitarrensoli energetisch zu werden beginnen, fängt ein Mini-Orchester sie gekonnt ein. Ohnehin sind es nicht die Akkordfolgen, die dem Album seine subtil-smarte Eleganz verleihen, sondern die grazilen und melodischen Streicherbögen.

Das zeigt vor allem „Before We Begin“ sowie der Titeltrack, der übrigens ein Instrumental geworden ist. Courtney war während der Produktion anscheinend wach genug, um seine musikalischen Einflüsse wahrzunehmen und so hat er selbst eine Playlist mit Referenzen erstellt.

Dass Interpreten wie The Who oder Al Green dabei sind, verwundert ein wenig, während Referenzen wie Belle & Sebastian oder R. Stevie Moore´s Beatles-Cover von „I´m Only Sleeping“ wie die Faust auf die Schlafbrille passen. Auch an die Soloprojekte von George Harrison fühlt man sich erinnert, wenn man sich die (simplen) Akustik-Nummern zu Gemüte führt.

Und sicherlich dürften auch die soften Stücke der Kinks eine Rolle gespielt haben. Vor allem wegen dem omnipräsenten Bass, der sich nicht nur durch die Vorab-Single „Vestiges“ schlängelt. Phasenweise denkt man bei den Streicher-Arrangements aber auch an zeitgenössische Acts wie Destroyer. So ganz verschwindet das Hier und Jetzt eben auch nicht im tiefsten Schlaf.

Gemessen an den Soloprojekten seiner Real Estate-Bandmitglieder, spürt man bei Martin Courtney noch am ehesten den filigranen Gitarren-Sound von Real Estate, der auf „Atlas“ bereits ein wenig klassischer klang als auf dem Debüt der Band. Während Real Estate-Gitarrist Matt Mondanile mit seinem letzten Ducktails-Album „St. Catherine“ vermehrt auf Synthie-Einsatz setzte, bevorzugt Courtney den orchestralen Anstrich.

Ein Vergleich am Rande: In „Church“ hieß es bei den Ducktails: „Pictures are real“. Das lyrische Ich erkannte sein Gegenüber durch ein Foto wieder und freute sich, dass sich kaum etwas verändert hat. Pure Behaglichkeit.

Bei Courtney hingegen wird die Vergangenheit verworfen und die Gegenwart ins Visier genommen, wenn er über ein Passfoto philosophiert: „It doesn´t look much like you anymore / The past is just a dream / You´re not the same as who you were before / Who you were before, doesn´t matter anymore.“

Einer von vielen präzisen und aufblitzenden Beobachtungsmomenten in Courtney´s Songwriting, das sich so fast schon diametral zu den verträumten und melancholischen Kompositionen positioniert.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass er durch Zeilen wie jenen die nostalgische Klangtendenz seiner Songs zu unterwandern versucht. Ein durchaus cleverer Ansatz, den die herkömmliche Schläfrigkeit eher selten nutzt.

Deswegen ist „Many Moons“ allenfalls Gitarren-Pop für Powernapping. Courtney ist ein schönes und hellwaches Debüt gelungen.

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