Es ist immer wieder schön, wenn die Vergangenheit es schafft, die Gegenwart einzuholen. Und sogar bestätigen kann, dass vor Jahrzehnten an diverse Genreentwickler verteilte “futuristisch”-Etikette alles andere als deplaziert oder hohle Phrasen waren. Im Genre Krautrock ist das zumindest so. Den hat die frisch gegründete Band LNZNDRF schon länger für sich entdeckt. The National-Bassist Scott Devendorf und -Drummer Bryan Devendorf wollten anscheinend mal etwas anderes machen als den melancholisch schwermütigen sowie mittlerweile Jazz-infizierten Indie-Pop ihrer Hauptband. Und solange The National-Sänger Matt Berninger mit seinem Projekt EL VY beschäftigt ist, steht dafür ja auch mehr Zeit zur Verfügung.
Bereits 2011 haben sich die Brüder nämlich mit dem Beirut-Musiker Benjamin Lanz zusammengetan, der als Multiinstrumentalist auch schon The National auf Tour aushalf. Gemeinsam lebt das Trio seine Passion für treibende Gitarren und Noise aus. Nun ist das Debüt fertig gesellt.
Alles beginnt mit kräftigem Post-Rock: Das Instrumental “Future You” baut sich gemächlich auf, lässt es aber nach den langsam abdampfenden, sich verziehenden Krautwolken ordentlich donnern. “Beneath The Black Sea” setzt ebenfalls auf nostalgisch vernebelte Gitarren, wirkt durch den weichen Gesang von Lanz allerdings deutlich sensibler.
Richtige Düsseldorfer Luft atmet man aber erst im letzten Drittel vom folgenden Song “Mt Storm”, dessen verschachteltes Outro voller Gitarren-Echoes und übersteuertem Reverb steckt. Hypnotisch und verschlungen entfalten sich die Riffs auch in “Hypno Skate”. Generell setzt die Supergroup dramaturgisch auf einen etappenweise verlaufenden Spannungsaufbau.
Das Konzept geht jedoch nur halbwegs auf. In besagtem Track gelingt das durch verschnörkelte sowie untergründig verlaufende Synthies – Stilmittel, die für das hier im Zentrum stehende Genre besonders charakteristisch sind. In den restlichen Kompositionen verhaspeln sich LNZNDRF allerdings in nur leichten Modifikationen des jeweiligen Hauptmotivs des Songs. Das wirkt mitunter etwas schleppend.
Was das scheinbar improvisierte “Stars And Time” durch Säbelgitarren und Perkussion als knapp eineinhalbminütige Zwischensequenz lediglich andeutet, kann sich in “Monument” dann doch noch entfalten, das nicht nur dank verzerrtem Mikro wesentlich experimenteller und spannender geraten ist als das Gesangmaterial auf der A-Seite.
Obwohl hier durchaus überengagierte Musiker (man höre sich nur die versiert brachialen Gitarrenausbrüche im Abschluss-Track an) zusammen gekommen sind, bleiben wirklich omnipräsente Highlights aus. Vielleicht die Folge von Perfektionismus. Als Beweis für den nicht immer unbestrittenen, schmalen Grad zwischen Kraut und Post-Rock dürfte diese Platte aber mehr als sicher durchgehen.
Außerdem ist es der Band als Verdienst anzurechnen, dass sie Kraut nicht als bereits überholtem Kapitel nostalgisch nachtrauert, sondern das Genre mit neuen Rockformaten und -auswüchsen verbindet wie auch konfrontiert. Unkraut vergeht eben, Kraut nicht.