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Temples – Live im Festsaal Kreuzberg, Berlin

Psychedelic-Rock lebt. Die hippen, mit schonungslos britischen Langhaarfrisurverbrechen ausgestatteten Temples, aus dem beschaulichen Kettering in den englischen East Midlands, sind ein schlagendes Beispiel dafür.

Denn der übermelodiöse Psych-Pop, oft auch Neo-Psychedelia getauft, den das Bandtrio, welches live ein Quartett ist, unters Volk bringt, hat eigentlich einen beträchtlichen Bart. Kein Riff, kein Synthie-Akkord, kein Melodiebogen, und erst recht kein Outfit und keine Frisur, die nicht an ein längst vergangenes Zeitalter erinnern würden.

Und auch gestern Abend im, das White Trash Fast Food beerbenden, neuen Festsaal Kreuzberg, sinnigerweise im Stadtteil Treptow, der alte brannte stadtbekannt unter dubiosen Umständen ab, hatten definitiv die Siebziger angerufen und ihre Frisuren, Rollkragenpullis und Rock-Riffs zurückverlangt.

Rappelvolle junge Hütte, die ordentlich am Snapchatten war, Live-Skype-Schaltungen legte und allerlei anderen Smartphone-Kram durchführte, war dann aber doch Evidenz genug, dass wir uns im Jahre 2017 in einer angesagten europäischen Großstadt befanden.

Temples, ihr Debüt „Sun Structures“ ließ viele Kritiker aufhorchen, mit ihrem kürzlich erschienenen Nachfolgealbum „Volcano“ lässt die Meinungs-Euphorie deutlich nach, sind eine dieser Retro-Bands, bei denen man nicht weiß, ob sie einfach derart dreist permanent klauen, dass es nicht mehr lustig ist, oder ob ihr nostalgischer Lebensstil sie schnurgerade auf diesen Weg der schon gegangenen Melodiewege organisch und authentisch geführt hat.

Live jedenfalls kommt man dieser Gretchenfrage auch nicht näher. Eine seltsame Unnahbarkeit umgibt das Quartett um Bandleader James Bagshaw. Fleißig wird Berlin in den Coolness-Himmel gelobt, ansonsten aber weitestgehend der Neo-Psychedelia gefrönt.

Für ihr junges Bandbestehen erstaunlich souverän spulten Temples eine 15-Stück starke Setlist ab, inklusive Zugaben, und ließen Fans in jedem Falle glücklich zurück. Hörbar zündeten die neuen Songs nicht in der gleichen Weise beim Publikum wie die Hits vom Debüt, was ein Fingerzeig bezüglich der qualitativen Oberhand zwischen beiden sein kann.

Aber wichtiger noch als die ewige Frage, ob diese x-te Retro-Band nun Eigenständigkeit besitzt oder alles nur zusammenklaut, ist wohl die gestern offenkundige Tatsache, dass Psychedelic-Rock sich nach wie vor gefeierter Beliebtheit erfreut.

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