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Fleet Foxes – Crack-Up

Mit sinisterer, tieftönender Stimme eröffnet Robin Pecknold im kryptisch betitelten Opener „I Am All That I Need / Arroyo Seco / Thumbprint Scar“ sein neues Fleet Foxes Album. Lose flirrende Gitarren-Pickings grundieren seine leicht genuschelten Lyrics.

Nach einer Minute blasen Fanfaren ein Crescendo, ehe das Stück über einen verschobenen Rhythmus in den Folk-Himmel aufsteigt: Die Lead- verwirrt die Rhythmusgitarre, die Percussions sind das einzig stabile Taktfundament und die mehrstimmigen Gesänge eine Laudation für gehobene Harmonielehre.

Noch zweimal wird der Song auf links gezogen, nimmt Wendungen, die jeder Erwartungshaltung Schnippchen schlagen, um dann nach fünf Minuten mit Streichern wieder beim Hauptthema zu landen.

Handclaps und Wasserrauschen lassen einen Song auslaufen, der schon beim ersten Hören die Kinnlade auf den Boden zieht – trotz und auch ein bisschen wegen seines komplex gestrickten Aufbaus.

Was Fleet Foxes hier dem Folk an Bandbreite und Facette abringen, wieviel Überraschung, Vielfalt und Kunstfertigkeit sie in dieses eigentlich so puristische und simpel gestrickte Genre hineinkomponieren, entbehrt jeder Beschreibung.

Wer glaubt, danach könne das Album nur noch abflachen, irrt gewaltig. Kein Song ohne Aha-Effekt, Polyrhythmik, impressionistische Klangkunst oder überdimensionales Freiheitsgefühl.

Es reicht ein Durchlauf, um klar zu machen, „Crack Up“ ist die dritte Meisterleistung in Folge, und vielleicht sogar ihr bisher bestes Album. Sechs Jahre nach „Helplessness Blues“ macht das Quintett aus Seattle nicht einfach nur da weiter, wo es aufgehört hat, es setzt noch einen oben drauf.

Am deutlichsten wird das im neunminütigen Epos „Third of May / Ōdaigahara“. Zu zwölfsaitiger Gitarre und Streicher-Quartett besingen Fleet Foxes hier ihre eigene Geschichte.

In den letzten zwei Minuten des Stückes weht ein berauschendes Windspiel aus Gitarren und Harfe umeinander, wie man es so wohl noch nie gehört hat. Noch progressiver kann Folk kaum klingen.

Dieses Songschreibe-Genie Robin Pecknold ist nach eigener Aussage zum ersten Mal zufrieden mit einem Fleet-Foxes-Album. Wir möchten auch bitten. Alles andere wäre nicht nachvollziehbar.

In den insgesamt elf Songs gibt es so viel zu entdecken, dass man für den Rest des Jahres beschäftigt ist. Das Beste an „Crack Up“ aber ist, dass es trotzdem zu keiner Sekunde sperrig oder angestrengt klingt. Ein absolutes Meisterwerk.

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