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The National – Sleep Well Beast – Weltschmerz Galore

Welches The National Album ist das beste? Die verspielten Anfänge von „Sad Songs For Dirty Lovers“? Das angekratzte „The Boxer“?  Das vor Eleganz strotzende „High Violet“? Oder doch das reumütig-festliche „Trouble Will Find Me“?

Mit ausreichend gutem Rotwein und einer Bürde Weltschmerz auf den Schultern, ließe sich darüber Nächte lang Diskurs halten. Mit „Sleep Well Beast“ wird ein Gedankenaustausch nicht gerade einfacher, dafür aber noch reicher, weil absehbar ist, dass auch diese Platte viele Fürsprecher für die Poleposition um sich scharen wird.

Die sinisteren Indierocker aus New York sind mit ihrem siebten Studioalbum nämlich erneut über jeden Zweifel erhaben. Fast scheint es, als würde in den Händen von Grummelbär Matt Berninger und den Brüderpaaren Dessner und Devendorf alles zu Gold, was sie anfassen.

Bevor der Vorgänger „Trouble Will Find Me“ erschien, sollte Matt Berningers Bruder die Band auf Tour mit der Kamera begleiten. Das tat Tom Berninger so eigenwillig und mit einer konsequenten Verweigerungshaltung, dass „Mistaken For Strangers“ eine Dokumentation über das Scheitern wurde, die als vieles bezeichnet werden kann, nur nicht als gescheitert.

Das Scheitern zum melancholischen Fest zu stilisieren, ist einer der unnachahmlichen Fähigkeiten von The National. Die bezaubernde Piano-Melodie aus „Nobody Else Will Be There“ ist da nur ein Beispiel.

Die Keyboards haben auf „Sleep Well Beast“ allgemein mehr Führungsqualitäten als bisher und erweitern das Klang-Spektrum der Band eloquent um neue Nuancen. In „Guilty Party“ etwa tropfen die Töne so lange aus einer grauen Wolken-Decke, dass ganz sicher auch die Sonne wieder scheinen muss.

Im mit Streichern angedickten „Born To Beg“ wird die Kombination aus Keyboards und Berningers traurig-wohltuender Stimme zum Weltschmerz Galore, mit dem Potenzial, die größten Konflikte zu befrieden.

Das ist allerdings nur eine Seite von The National 2017. Wie sehr sie inzwischen auch das Jubilieren beherrschen, zeigen „Day I Die“, „Turtleneck“ oder „The System Only Dreams In Total Darkness“: Nervös-zappelnde Drums, selbstbewusste Gitarreneinwürfe und immer wieder Matt Berningers Ausbruch nach oben. Sogar Gitarrensolos sind nicht länger ein Indierock-Monopol von J. Mascis.

Auf dieser ausgedehnten Bandbreite gelingt dem Quintett nahezu alles. Zwölf delikate Songs aus Noblesse und Wehmut, die – ob bedrückt oder zuversichtlich – immer auf die richtige Seite fallen.

Falls sie es nicht ohnehin schon waren, sind The National spätestens jetzt eine der wichtigsten Indie-Bands seit der Jahrtausendwende.

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