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Morrissey – Low In High-School

Es gibt immer reichlich zu kommentieren im Königreich. Selbstverständlich auch darüber hinaus. Gerade für jemanden, der dafür so prädestiniert ist wie Morrissey. Trotzdem kam die Ankündigung des elften Studioalbums vom Brexit-Befürworter einigermaßen überraschend.

Im Zuge der Trennung vom Harvest Label, unter dessen Fittichen er sich alles andere als gut aufgehoben fühlte, im Anschluss an die Veröffentlichung von „World Peace Is None Of Your Business“ und seinen gesundheitlichen Problemen, war eine neue Platte nicht zwingend zu erwarten.

„Tired to counting the days“ heißt es in „In Your Lap“ – vielleicht auch ein Grund für Morrisseys Rückkehr. Ausgestattet mit einen neuen Vertrag bei BMG für sein neues, eigenes Label Etienne, vereinigt „Low In High-School“ zwölf neue Songs unter einem Dach, die mit einer bewährten Formel aus Sarkasmus und Humor ethisch und moralisch wertig das soziopolitische Zeit-, Landes- und Weltgeschehen beleuchtet.

Der Plattentitel fußt hierbei auf der Unzufriedenheit des 58-jährigen mit einer richtungslosen Jugend, für die selbst ein High-School Besuch nutzlos erscheint – für einen Menschen auf seinem Bildungslevel schlicht ein inakzeptabler Zustand.

Das rumplig-donnernde „My Love, I`d Do Anything For You“ markiert den Auftakt zu einem extensiven musikalischen Stilmix, lässt forsche Gitarren quietschen und präsentiert sich samt Bläsergruppe deutlich lauter als es der Vorgänger war. „Society Is Hell“ lautet der Marschbefehl.

Gesellschaftskritik, Diktatorenschelte und Verschwörungstheorien finden sich in und zwischen den Zeilen, allzu Plakatives wie „Who Will Protect Us From The Police?“ leistet sich der militante Tierschützer nur selten.

So ist „Spent The Day In Bed“ keine Tageslaune, sondern die Aufforderung, sich allen Fake-News durch Ignoranz zu entziehen. Lügenpresse lässt grüßen, allerdings hilft diese mitunter auch ihm, im Gespräch zu bleiben. Immerhin wurde jüngst behauptet, dass HMV die Platte, nicht nur angesichts des marodierenden Axt-Kid vor dem Buckingham Palast auf dem Cover, sondern auch wegen seiner Anti-Monarchie Messages nicht im Portfolio haben werde.

Zur Hochform läuft die Platte auf, wenn in „Jacky’s Only Happy When She’s Up On The Stage“ oder „Home Is A Question Mark“ Anspruch in feinste Brit-Pop-Qualität eingewebt wird, wenn die Musik den Charme vom rosenumrahmten England versprüht und den unverwechselbar lyrische Gesang vom „Mozzer“ trifft.

Wenn Produzent Joe Chiccarelli auf dem Vorgänger das Digeridoo als Klangvariante einpflegte, sind es diesmal die Gospel-Avancen von „All The Young People Must Fall In Love“ oder der Tango von „The Girl From Tel-Aviv Who Wouldn`t Kneel“, die neben flimmernden Beats, groovigen Momenten, Streichern und feinem Pop für die überraschenden Momente in den Arrangements sorgen.

Bis zum letzten Ton von Morrisseys „Israel“-Ansichten war hier wieder ein unermüdlicher, wenn auch streitbarer, Aufklärer der letzten Musik-Dekaden am Werk.

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