Die ersten Alben sind vielleicht ein bisschen so wie die erste Liebe. Bei vielen Dingen wusste man noch nicht richtig Bescheid und hat sich etwas unbeholfen angestellt. Erst fühlt man sich unsicher, dann prompt wieder wie in einem wilden Wirbel.
So auch bei Will Toledo. Gut, dass bei dem Mann nichts in Vergessenheit gerät. Er hat sich jetzt nochmal an sein 2011 komplett in Eigenregie veröffentlichtes (Solo-)Album „Twin Fantasy“ gesetzt und akribisch nachgebessert.
Wirklich fertig waren die Songs für den heute 25-jährigen Musiker aus Seattle nämlich nicht. Damals verfügte der Slacker-Trauerbarde mit Verstärker weder über das nötige Kapital noch über Fame in der Indie-Gemeinde. Spätestens seit dem (teilweise) kongenialen „Teens Of Denial“ gilt Will als kleine Sensation.
Heute agiert Toledo mit Band als Car Seat Headrest, man schätzt ihn für melodischen, aber brachialen, an den ganz frühen Beck mahnenden Indie-Rock, bei dem der Begriffstempel „Independent“ zur Abwechslung mal wirklich adäquat ist.
Als halber Autodidakt produzierte Will auf der Rückbank seines Autos, alles war immer auf seiner Homepage kostenlos abrufbar. LoFi war hier nicht nur cool, sondern schlichter Sachzwang.
Und wenn Will mal kurz nach dem verschnupften Julian Casablancas zu Strokes-Zeiten klang, dann war das mit Sicherheit kein Kalkül. Sondern einfach nur ein schäbiges Mikro. Mit neunzehn hat Will schließlich noch alles auf einem billigen Laptop produziert. Generalüberholt.
Acht Jahre später hört sich das natürlich anders an. Die zehn Aufnahmen sind dann doch was gepimpt. Nach Demo klingt hier nur noch vereinzelt was. Das im Original mächtig verrauschte „Beach Life in Death“ hat Will in ein kleines Rockepos verwandelt. Nach Schweiß, Proberaum und gerissenen Saiten klingt das aber trotzdem noch.
An den Lyrics hat Will indessen nichts geändert. Manche Texte hätte er so wohl heute nicht mehr geschrieben. Viel zu düster und schlecht gelaunt. Das lyrische Ich badet in Verzweiflung. Miesepetrige Teenage Angst? Logo!
Heute ist für Will aber nicht mehr alles Tragödie. Und so wird die Neuauflage von „Twin Fantasy“ auch zur eigenen Aufarbeitung der Biographie.
Die Liebe steckt im Detail: Die Riffs sind pointierter, die Akustikgitarre konterkariert die brachial gebliebenen Soli-Ausschweifungen. Vor allem die Drums wirken satter, der Sound weniger dumpf. Angeblich hat Will hier echte Präzisionsarbeit geleistet. Acht Monate soll er mit dem Schlagzeug verbracht haben.
Was hört man noch? Die charmante, bestechend simple Anti-Rauch-Akustikhymne „Stop Smoking“. Einen an Interpol mahnenden Bass in „My Boy“, wo Will unter Beweis stellt, dass er auch stimmlich dazugelernt hat. Stimmbruch überstanden.
Und die Wehen um die erste Liebe auch: Für das pochende Finale „Those Boys“ hat Will wohl die Rückbank vom Auto gesaugt und ein Keyboard in Orgelmodus an den Zigarrenanzünder geschlossen. Am Ende poltern dann aber doch wieder bierselige Gitarren los. Zeitlos gut.