Das wahre Geheimnis ist viel Alkohol – We Are Scientists im Interview

Keith Murray und Chris Cain, besser bekannt als We Are Scientists, lernten sich am Pomona College in Claremont, Kalifornien kennen. Beide pflegten zunächst eine Freundschaft, die auf der Teilnahme an Stand-up-Comedy basierte, bevor sie beschlossen im Jahr 2000 gemeinsam eine Band zu gründen.

18 Jahre später und mit mittlerweile dem siebten Album „Megaplex“, ist vor allem Humor immer noch großer Bestandteil ihrer Beziehung. Wie das Duo seine Auswahl bei Produzenten fällt, was ihnen bei ihrer Musik besonders wichtig ist und in welcher Verbindung George Clooney, Daniel Craig und Quentin Tarantino mit der Band stehen, verriet uns Keith im MusikBlog Interview.

Keith Murray: Du bist die erste, mit der ich heute rede. Meine Antworten werden super frisch sein!

MusikBlog: Eine tolle Begrüßung! Dann erzähle mir doch gleich mal, wie ihr es geschafft habt, 18 Jahre lang zusammen zu bleiben?

Keith Murray: Erstmal: 18, juhu! Endlich volljährig in Deutschland! Und hier auch direkt die dazu passende Antwort: Das wahre Geheimnis ist viel, viel Alkohol! Jeden Abend, den wir aufeinanderhängen, stellen wir sicher, dass jeder einen Old Fashioned in der Hand hat, Pillen in Reichweite sind und ein paar Flaschen Rotwein in der Nähe. Auf diese Weise vergessen wir am nächsten Morgen alles, was passiert ist und können uns funkelnagelneu fühlen! (lacht)

MusikBlog: Funkelnagelneu?

Keith Murray: Es können sicherlich Probleme während des Trinkens passieren, aber wir erinnern uns meistens danach nicht mehr daran! (lacht)

MusikBlog: Wie funktioniert denn das Songwriting bei so viel flüssiger Nahrung?

Keith Murray: Mach dir mal keine Sorgen um frische Ideen! Manchmal scheint es nur schwierig, wegen dem Aspekt der Inspiration. Aber ich glaube, für uns war es nie eine Art belastender Job. Es gibt den Aspekt der Hoffnung und der Verwunderung, ob dir eine gute Idee kommen mag. Mit der Zeit verliert man aber diese Angst, was das Songschreiben einfacher macht. Wir haben mittlerweile so viele Lieder geschrieben, ich habe keine Angst, dass wir keine mehr schreiben könnten.

Wenn ich zurückdenke, gab es eine Zeit, da haben wir auf Tour geschrieben, da hatte ich Angst, mich neben den Vorbereitungen noch gleichzeitig inspirieren zu lassen. Heute ist es nicht mehr so. Ich glaube, die Phase des Songwritings ist immer noch meine Lieblingsphase. Obwohl ich Shows zu spielen auch sehr mag…

MusikBlog: Dazwischen liegen noch die Aufnahmen im Tonstudio.

Keith Murray: Wir mögen es nicht besonders, im Studio zu sitzen und uns Mikrofone an den Mund zu pressen! (lacht) Aber deswegen machen wir es immer mit Freunden. Jeder Produzent, mit dem wir jemals eine Platte aufgenommen haben, war immer ein guter Freund von uns. Das lässt das Ganze eher wie eine Party erscheinen als ein Job. Außerdem ist es meist einfacher, Kritik von jemanden anzunehmen, den du bereits kennst und dem du auch vertraust als von jemand absolut fremden.

MusikBlog: Jetzt seid ihr schon bei eurem siebten Studioalbum. Wie viele meinst du könnten noch kommen?

Keith Murray: Es wäre zu schwierig, einfach irgendeine zufällige Nummer zu sagen. Ich glaube definitiv, dass man aufhören sollte, wenn die Qualität abnimmt. Aber wer weiß, vielleicht wird unser zwanzigstes Album unser bestes? Und dann würde ich immer noch sagen, dass das einundzwanzigste das wahre ist! (lacht)

Quentin Tarantino sagt doch immer, dass er nur zehn Filme in seiner Laufbahn machen wird. Das würde mich schon ziemlich traurig machen. Eigentlich finde ich, dass seine neueren Filme seine besten sind. Um ehrlich zu sein, wäre ich schon ganz schön genervt, wenn er jetzt einfach hinschmeißen würde!

MusikBlog: Wie wäre es denn mit einer Filmbiografie unter Regie von Tarantino?

Keith Murray: Ich wäre definitiv dafür! Obwohl, wir müssten dann etwas mehr Drama in unsere Geschichte einbauen. Wir sind grundsätzlich nämlich eine ziemlich glückliche und zufriedene Band. Das Stück könnte dann schon ein bisschen mehr Fäustenhiebe und Schienbeintritte vertragen. Und viel Alkohol! Vielleicht sollte das ganze in einer Cocktailbar stattfinden?

MusikBlog: Und wie sieht es mit den Hauptbesetzungen aus?

Keith Murray: George Clooney ist dann mein älteres Ich! Und Daniel Craig sollte Chris spielen, finde ich! (lacht)

MusikBlog: Wo wir gerade bei Filmen sind: „Megaplex“ erinnert schon sehr an Film und Kino.

Keith Murray: Es ist tatsächlich auch der Name eines großen Kinos in Amerika! Wir mögen die Referenz und erhoffen uns, dass der Albumtitel uns ein paar Freikarten einbringt! (lacht)

Aber grundsätzlich bedeutet „Megaplex“ die Verbindung von vielen kleinen Einheiten zu etwas Großem. Wir mögen diese Idee und wollen eben auch, dass das Album etwas Wundervolles ist, bestehend aus kleinen, herausragenden Stücken.

MusikBlog: Du sprichst schon sehr bildlich und erwähnst auch öfter die große Leinwand. Wie wichtig ist euch denn das Visuelle?

Keith Murray: Wir haben es, glaube ich, nie als essentiellen Teil unserer Musik gesehen, aber es ist mit Sicherheit ein essentieller Teil unserer allgemeinen Persönlichkeit. Wir beide lieben Filme, Kino und die Gesellschaft dabei, genauso wie wir die Musik lieben. Deshalb versuchen wir oft das, was uns interessiert, zu integrieren. Aber ich glaube nicht, dass es zum Beispiel Einfluss auf uns hat, wenn wir Songs schreiben. Wir lassen uns in unserem kreativen Prozess nicht bedingt von etwas Visuellem einschränken. Aber ja, es ist auf jeden Fall essentiell für uns als Person.

MusikBlog: „One In One Out“ ist eure erste Singleauskopplung. Gab es einen bestimmten Grund?

Keith Murray: Wir dachten, dass der Sound schon ziemlich anders ist als das, was man von uns gewohnt ist. Es ist einfach etwas mehr Elektro als das, was wir bisher veröffentlicht haben. Deshalb dachten wir, dass es interessant wäre, es als erste Single vom Album herauszubringen, um die Leute zu überraschen, die mit uns vertraut sind. Darüber hinaus finde ich, dass es einer der eingängigeren Lieder ist, ich singe es die ganze Zeit! Obwohl, zählt das? Immerhin ist das mein Job. (lacht)

MusikBlog: Ziemlich interessant ist auch „Heart Is A Weapon“ – ist das Herz nicht meistens die Schwachstelle?

Keith Murray: Wie wahr, mein Herz ist tatsächlich meine Schwäche. Ich bin einfach zu offen und zu romantisch! Ich glaube, das trifft auch auf den Sänger in dem Song zu. Es ist wohl eher die andere Person, die sich die Zuneigung und Intimität zur Waffe gemacht hat!

Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, glaube ich, dass alle unsere Songs auf ihre eigene Art und Weise irgendwie Liebeslieder sind. Auch wenn sie nicht direkt so gekennzeichnet sind oder Begriffe der Beziehung enthalten.

MusikBlog: „Your Light Has Changed“ hört sich auch ziemlich persönlich an.

Keith Murray: Den Song hat tatsächlich Chris geschrieben, da müsstest du ihn fragen. Wobei ich glaube, er hat die Story einfach nur in der Zeitung aufgegriffen! (lacht) Ich für meinen Teil schreibe schon sehr persönlich, alle Songs sind immerhin auch in der ersten Person geschrieben. Ich glaube, solange wir ein-, zweimal die Woche rauskommen, haben wir immer etwas Persönliches zu erzählen – oder in Chris‘ Fall, eine Zeitung in die Hand bekommen!

MusikBlog: Dabei behandelt ihr gar nicht groß die Themen, die derzeit Schlagzeilen machen, oder?

Keith Murray: Wir sprechen liebend gern darüber, so ist es nicht. Ich könnte den ganzen Tag mit dir darüber reden und mich ausheulen! Aber ich finde nicht, dass wir Songs darüber schreiben müssen. Manchmal muss Musik einfach pure Freude sein. Ich glaube, das war schon immer unser oberstes Ziel, vor allem in den Liveshows.

Es gibt Bands, die spielen, um den Leuten zu zeigen, dass sie wahre Genies und wie keine Band vor ihnen sind. Wir denken bei unseren Auftritten eher an Partys. Jeder, der kommt, ist unser Gast und wir haben als Gastgeber die Aufgabe sicherzustellen, dass jeder Spaß hat. Genauso mit unserer Platte. Wir möchten einfach, dass jeder, der das Album hört, sich für den kompletten Zeitraum gut fühlt und sich daran erfreut.

MusikBlog: Gibt es da denn einen Trick, den ihr zum Beispiel anders macht, als zu euren Anfangszeiten?

Keith Murray: Ich glaube, wir finden es mittlerweile richtig aufregend, mit unseren Songs rumzuspielen. Davor waren wir eher so eine Liveband: Wir haben zuerst eine Base geschrieben, haben einen Gitarren-Part draufgepackt und geschaut, dass ein Drumbeat dazu passt. Heute schreiben wir einen Song und remixen grundsätzlich dann nochmal uns selbst. Das bauen wir dann wieder in das finale Produkt mit ein. Das ist auf jeden Fall etwas, was wir immer noch dazulernen, so spät in unserer Karrierelaufbahn. Es ist schon ziemlich inspirierend, die ganze Musikbandbreite im Radio zu hören.

MusikBlog: Hat sich die Musikindustrie im Laufe der Zeit sehr verändert?

Keith Murray: Weißt du was? Die Musikindustrie war mit Sicherheit mal ein gesünderes Business! Es ist auf jeden Fall interessanter geworden mit dem Streamen und konstanten Zugriff auf kostenlose Musikdatenbanken. Das hat schon die Art verändert, wie Leute an Musik herantreten oder sie konsumieren. Zugleich ist es aber nun auch schwieriger, seinen Lebensunterhalt damit zu verdienen, obwohl es einfacher geworden ist, Menschen auf deine Musik aufmerksam zu machen. Es ist definitiv eine aufregende Zeit, um Musik zu machen, weil Regeln gebrochen werden können.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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