Knapp eineinhalb Jahre ist es her, dass die britische Band Gengahr in München zu Besuch war. Damals ging es auf große Support-Tour für Wolf Alice und anscheinend hinterließen sie einen bleibenden Eindruck. Gestern war es dann wieder soweit – knapp 100 Leute drängten sich in den kleinen Milla Club, und zwar nur, um Gengahr zu sehen.
Als Gengahr im Juni 2015 ihr Debütalbum “A Dream Outside” veröffentlichten, überschlug sich die britische Musikpresse mit Lobeshymnen. Und auch mit dem neuen Album “Where Wildness Grows” wird nicht viel Ruhe in den Alltag der Band um Felix Bushe einkehren. Der Hype um die Londoner wird immer größer. So ist es also nicht verwunderlich, dass die Milla fast voll war.
Den Anfang machten jedoch die Lokalmatadoren von Red Blood Cells. Die Band um Ferdi und Thomas Kozel sind noch weitestgehend unbekannt, doch mit ihren Lo-Fi-Indie-Rock-Songs wie “Resurection Grave” oder “Slow” brachten sie gute Stimmung in das kleine Kellergewölbe.
20:50 Uhr war es dann soweit. Die vier Londoner von Gengahr betraten die Bühne und wurden mit großem Applaus von den Fans begrüßt. Den Anfang machte das träumerische “Is This How You Love?”. Und schon am Anfang sah man in den Gesichtern der Leute die bejahende Antwort auf die im Songtitel gestellte Frage.
Die energetische Brillanz von Gengahr ist bekannt und beeindruckend. Gengahr raste den Abend über fröhlich, aber sehr höflich durch die Setlist. Songs wie “Heroine”, “Bathed in Light” und “I’ll Be Waiting” zeigten die Vielseitigkeit der vier Briten. Eine bunte Mischung aus beiden Alben – für jeden war definitiv was dabei.
Zwischendurch nahm dann mit “Embers” das Konzert eine Wendung. Weniger Dream-Pop, weniger Indie-Rock – dafür plötzlich viel Psychedelic-Rock. Die Milla fing wieder an, energisch zu tanzen und die Band brach derweil in Soli aus. Der bisher erlebte Traum verwandelte sich in einen wunderschönen Albtraum.
Ein weiterer Höhepunkt war das prickelnde, fröhliche und gitarrenreiche “Mallory” vom kürzlich erschienenen Album. Die bekannten elektronischen Riffs dröhnten durch das Gewölbe.
Es blieb nicht unbemerkt, dass bei den neueren Songs der Fokus mehr auf den Instrumenten als auf den Vocals liegt. Die Stimme von Frontmann Felix Bushe untermalte eher die Gitarren und erzeugte somit eine wundervolle (alb)träumerische Stimmung.
Zum Abschluss gab es dann noch die geballte Indie-Ekstase. Mit “She’s a Witch” leiteten Gengahr die letzten Songs ein. Wunderschön strukturiert und fast telepathisch – das gleichbleibende Schlagzeug und die Solo-Einlagen von Gitarrist John Victor oder Bassist Hugh Schulte fungierten so perfekt, dass Bushe ein leichtes Spiel hatte und mit dem Publikum agieren konnte.
Der folgende Titeltrack vom aktuellen Album “Where Wildness Grows” veredelte den Abend vollends und hinterließ eine mehr als beeindruckte Menge im Milla Club. Die Mischung aus neueren und älteren Tracks brachte viele in Trance, ohne sie jedoch in den Schlaf zu versetzen.