Vor über einem Jahrzehnt postete eine liebe Seele in einem Forum popkultureller Besserwisser einen Link. Der führte auf “Junkyard”, ein Stück der damals und auch heute noch unbekannten Band Page France. Auf das konnten sich irgendwie alle einigen. Der Song? Weniger als drei Minuten lang, einfachste Folk-Gitarrenriffs plus ein Xylophon aus dem Kinderzimmer. Betörende Popmusik kann so schlicht sein. Der (Ex-) Bandleader: Michael Nau aus Maryland.
Der hat auch 2018 noch eine sanfte Stimme, dafür aber ein paar Gitarrengriffe mehr drauf und die Home-Recordings gepimpt. “Michael Nau & The Mighty Thread” ist sein drittes Soloalbum und wird seinen Status als ewiger Geheimtipp weiter zementieren.
Der Singer/Songwriter fährt immer noch so einen herrlich unprätentiösen Style ohne Ambitionen, jemanden überholen zu wollen. Und doch erkennt man unschwer, dass der Multiinstrumentalist ein Händchen für feinste Gitarrenpopperlen hat.
Beweise? Gibt’s viele. Das dreampoppige, leicht verzerrte “Faraway Star”. Das nicht minder verträumte “Shadow On”. Der galant groovende Opener “Less Than Positive” mit seinem erdigen Bass, dem fröhlichen Piano und viel Percussion.
Klar, das ist weit weg von eklektisch und verkopft, weit weg von Magie verheißenden Acts, die allein auf ihre Effektpedale starren. Naus Produktion ist transparent und doch fragt man sich immer wieder, aus welcher Ära denn bitte sein Klavier gefallen ist und welche Zeitmaschine er für seine Gitarrensammlung angeworfen hat.
Da steckt dann auch mal Americana drin. Aber dezent. Zuletzt hatte Nau ja auch verraten, dass er in Connecticut abhängt, aber auch in der Country-Metropole Nashville. Von letzterem ist nicht viel übrig geblieben, aber hier und da stecken ein paar nostalgische Vintage-Filter im Gitarrenbrett, das schon einige Gebrauchsspuren aufweist.
Zum Konzept werden diese Reminiszenzen aber nie erhoben, dafür ist Nau viel zu laisser-faire-mäßig drauf, was seinem Sound viel Vertrautheit und Intimität verleiht.
Vieles der oft klavier-zentrierten Kompostionen erinnert hingegen leicht an die traumwandlerische Phase der Beatles, dann croont Nau wiederum und sorgt so für andere Assoziationen, bis er für Millisekunden ins Psychedelische abdriftet.
Das ist immer noch ein durchweg warmer Sound ganz im Stil von The Coral. Es bleibt bei entspannter Singsang-Atmo, wenngleich “Michael Nau & The Mighty Thread” dank naja, “fetterer” Drums druckvoller klingt als seine Solo-Vorgänger.
Die Stimmung ist immer noch gut. Nau ist schließlich Familienvater, genießt das Leben, singt über Eis in der heißen Samstagssonne. Aber seine beiläufigen, poetischen Gehversuche kennen auch kleine Abgründe. In der Nähe der Sonne denkt Nau dann doch über das Universum nach.
Und in “Less than positive” muss er eingestehen: “I think I know how it works and I´m a bit less positive”. Dramatisch klingt das trotzdem nicht. Vielmehr weise und ja, tiefenentspannt.
Diese Wahrheit lässt sich mit diesem traumwandlerischen Sound nun mal auch leichter verkraften. Aber Nau singt auch: “Truth is such a beautiful force”. Zu dieser Wahrheit gehört aber auch, dass Michael Nau weiterhin verkannt bleiben wird. In einer gerechteren Welt hätte er jedenfalls weitaus mehr Klicks. Vielleicht postet ja jemand weiter fleißig seine Songs im Netz.