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AnnenMayKantereit – Schlagschatten

Da Paare, statistisch betrachtet, bevorzugt in der Vorweihnachtszeit ihre Trennung einläuten, ist es klug von den Herren Annen, May, Kantereit und Huck (der seinen Platz im Bandnamen knapp verpasste) ihre neue Platte genau jetzt zu platzieren, gefielen die Überflieger auf ihrem Debüt nicht zuletzt mit der vertonten Tristesse posttraumatischer Beziehungsstörungen.

„Schlagschatten“ heißt ihr Neuling. Per Definition ist ein solcher scharf umrissen, womit der Titel der Platte in Opposition zu „Alles Nix Konkretes“ steht.

Marie“ klapperte dennoch im Vorfeld los, ohne den Eindruck zu vermitteln, dass sich die Musik der vier Freunde signifikant verändert hätte, ist der Song rumpliges Bekenntnis zu den Straßenmusik-Wurzeln, in deren Zentrum das markante Organ von Henning May steht.

Das berühmt-berüchtigte, schwierige zweite Album kündigte sich also an, wie das vorherige aufhörte, wobei die Inanspruchnahme des bandeigenen Werkzeugkastens völlig plausibel ist.

Der Erfolg, den die Kölner bisher hatten, verlangt nicht zwingend nach Kurskorrektur, immerhin sind viele der riesigen Hallen, die AnnenMayKantereit im Frühjahr bespielen werden, bereits ausverkauft.

Klangalternativen finden sich in den neuen Stücken trotzdem flächendeckend. Das südländisches Flair von den Aufnahmen im spanischen Wahl-Exil färbte auf  „Jenny Jenny“ und „In Meinem Bett“ ab, versprüht „Ich Geh Heut Nicht Mehr Tanzen“ Gypsy-haftes, während eingangs von „Weiße Wand“ The xx grüßen und „Hinter Klugen Sätzen“ als Chanson durchgeht.

Die Umarmung des Pop in „Nur Wegen Dir“ deutet auf die Zusammenarbeit mit Erfolgsproduzenten Markus Ganter hin, dessen Handschrift noch deutlicher „Vielleicht Vielleicht“ trägt, während andere Stücke mit Demo-Charme punkten.

Wem das nicht genug Abwechslung ist: Die Tracks gibt es allesamt als divergierende Video-Versionen, „Schlagschatten“ existiert also doppelt.

Inhaltlich behandelt die Band wieder weitestgehend das Unstete der späten Adoleszenz an den Weggabelungen der eigenen Zukunft, fängt aber auch die Sorgen von jenen ihrer Generation ein, die die Schussfahrt alter Männern in Regierungsverantwortung Richtung Abgrund der Menschheit nicht als Teil eines Eventmanagements begreifen.

Wenngleich ihr ursprünglicher Charme auf “Schlagschatten” nicht durchgängig gehalten werden kann und man bei Beziehungsschmerz lieber weiter „Barfuß am Klavier“ als „Sieben Jahre“ auflegen möchte, ist AnnenMayKantereit ein starker zweiter Auftritt gelungen.

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