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The Chemical Brothers – No Geography

Es ist ein ganz spezielles, aber doch relativ regelmäßig auftretendes Phänomen, mit dem wir konfrontiert sind, wenn Vertreter einer lang vergangenen Ära sich zurück in den Wahrnehmungsradius der Öffentlichkeit bequemen oder – so scheint es zumindest in manchen Fällen – sich mit aller Kraft dorthin drängen.

Ebenso speziell sind die Gefühle, die das in uns auslöst. Je nach Gelungenheit dieses Akts sowie freilich dem damaligen, eigenen Standpunkt zum Künstler, übermannen einen gern nostalgisch aufgeladene Glücksgefühle, man versucht aus Mitleid, gut zu finden, was man eigentlich traurig findet, oder muss fassungslos konstatieren: „Scheiße, bin ich alt.“

Jetzt veröffentlichen The Chemical Brothers ihr neuntes Studioalbum „No Geography“ und – ohne dem in irgendeiner Weise voreingenommen gegenüber zu treten – muss festgehalten werden:

Die beiden Big-Beat-Legenden, die vor einem viertel Jahrhundert als Vertreter ewiger Partyjugend galten, halten sich inzwischen fast ein halbes Jahrhundert auf dieser Erde auf und vertreten, davon gänzlich unbeeindruckt, munter weiter.

Eigentlich ein klassischer der oben beschriebenen Fälle. Wie also geht die Sache aus?

Bereits nach dem ersten Hören ist klar, dass man den Elektronik-Veteranen eines gewiss nicht nachsagen kann, nämlich, dass diese sich zu Gunsten irgendwelcher Trends oder Hörgewohnheiten verbiegen würden.

Entwürdigende Peinlichkeiten sind damit erfolgreich vermieden, „No Geography“ hätte ohne Weiteres auch zwei Dekaden früher entstanden sein können.

Was bleibt zu sagen? Wir bekommen weniger Feature-Gäste als noch auf dem Vorgänger (lediglich Aurora und der japanische Rapper Nene dürfen mitmachen), dafür vermehrt Sample-basiertes, verstrahlte Sound-Flächen, schillernde Arpeggiatoren und aggressive Bass-Synths.

Dem Elektro-Duo aus Manchester vorzuwerfen, es würde den von ihm mit erfundenen Sound auf seiner neuesten Platte nicht mehr erreichen, wäre nicht nur blasphemisch, sondern gelogen.

The Chemical Brothers versuchen nichts bahnbrechend Neues und wahren ihr Gesicht. Die Fangemeinde ist zuverlässig und zufriedenstellend mit neuem Material beliefert.

Anzug-tragende Mittvierziger dürfen sich während der Steuererklärung aus ihren Laptop-Boxen an wilde Zeiten erinnert fühlen und Jüngere finden den leicht altmodischen 90s-Flavour nice.

„No Geography“. Alle freuen sich.

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