Man muss irgendwie eine Balance finden – Milky Chance im Interview

Nach den beiden musikalisch und atmosphärisch sehr unterschiedlichen Erfolgsalben „Sadnecessary“ und „Blossom“ geht es den beiden Milky Chance-Verantwortlichen Philipp Dausch und Clemens Rehbein mit ihrem dritten Output „Mind The Moon“ nun um die Verschmelzung eben jener Unterschiede. Soll heißen: Mit Album Nummer drei bauen die beiden Kasseler eine stabile Brücke zwischen „hochästhetischem Minimalismus“ und „bewusst in die Breite gehendem Panorama-Pop“. Im Zuge der Promo für die neue Longplayer-Veröffentlichung trafen wir uns mit Milky Chance zum Interview und sprachen über spannende Kollaborationen, stressfreies Arbeiten und die ultimative Herausforderung.

MusikBlog: Philipp und Clemens, euer Debütalbum war ein Riesenerfolg. Auch das zweite Album wurde überall abgefeiert. Wie war es um die Gefühlslage vor dem wichtigen dritten Album bestellt? Habt ihr großen Druck verspürt?

Clemens Rehbein: Nein, eigentlich haben wir gar keinen Druck verspürt – zumindest nicht von außen. Wir selbst haben uns natürlich klare Ziele gesteckt. Wir haben ja schon eine explizite Geschichte. Die ersten beiden Alben sind ja ziemlich unterschiedlich. Uns war klar, dass wir mit dem dritten Album vor einer besonderen Aufgabe stehen. Wir wollten die verschiedenen Soundaspekte der beiden ersten Alben miteinander verbinden, um so die eigene musikalische Kompassnadel neu auszurichten.

MusikBlog: Das ist euch ziemlich gut gelungen. Stand dabei ausschließlich die eigene Vergangenheit im Mittelpunkt? Oder habt ihr euch auch von außen inspirieren lassen?

Philipp Dausch: Beides war sehr wichtig. Wir hatten einerseits eine relativ klare Vorstellung. Auf der anderen Seite haben wir uns aber natürlich auch inspirieren lassen. Wir haben diesmal ziemlich viel Hip-Hop gehört. Little Simz beispielsweise lief bei uns eine ganze Weile rauf und runter. Dann gab es aber auch noch andere Sachen. Alabama Shakes haben wir auch derbe abgefeiert. Diesen Input nimmt man dann natürlich unbewusst auch mit in den Prozess mit rein.

MusikBlog: Tash Sultana, Teme Tan, Elderbrook, der Ladysmith-Chor: Ihr habt diesmal auch viele spannende Gäste mit an Bord. Welche Zusammenarbeit hat denn die größten Spuren hinterlassen?

Philipp Dausch: Jede Zusammenarbeit war etwas ganz Besonderes. Tash, Elderbrook und Teme kannten wir ja schon. Da ging eigentlich alles von Beginn an Hand in Hand. Bei Ladysmith war es so, dass wir den Chor schon seit unseren Anfangstagen abfeiern. Das hatte dann schon so was von der Erfüllung eines Kindheitstraums, als klar war, dass es klappen wird. Insofern war diese Zusammenarbeit schon ziemlich „outstanding“ und außer der Reihe.

MusikBlog: Die ersten beiden Alben habt ihr nahezu komplett in Kassel aufgenommen. Diesmal ging es in die Ferne (Norwegen, Italien, Australien). Warum?

Clemens Rehbein: Das war eine ganz bewusste Entscheidung. Wir wollten diesmal so viele verschieden Einflüsse wie möglich aufsaugen. Wir haben die ersten Sessions noch in Kassel abgehalten. Dann sind wir nach Italien. Irgendwann saßen wir dann im norwegischen Nirgendwo an einem großen See und haben uns dort von der Atmosphäre einfangen lassen, so dass am Ende des Tages der Albumtitel feststand. Diese vielen Orte und Begegnungen waren unheimlich wichtig für den Sound des Albums.

Philipp Dausch: Verschiedene Locations, verschiedene Instrumente, unterschiedliche Menschen: Das hat letztlich dazu geführt, dass die Songs alle sehr facettenreich klingen und man immer wieder das Gefühl hat, etwas Neues zu entdecken. Auch dass wir uns diesmal viel mehr Zeit gelassen haben, war wichtig. Zwischen den Aufnahmen haben wir immer auch längere Pausen eingelegt. So konnten wir alles erstmal sacken lassen. Wir waren beispielsweise vier Wochen in Kassel. Danach haben wir zwei Wochen nichts gemacht. Dann sind wir nach Italien in die Berge. Im Anschluss haben wir wieder eine Pause eingelegt. Und so ging das eigentlich die komplette Zeit. Dass war ein ziemlich stressfreies und angenehmes Arbeiten.

MusikBlog: Alles fernab von Jimmy Kimmel, Coachella-Freuden und dem Garten von Rick Rubin…

Clemens Rehbein: (lacht) Ja, diesmal waren es eher die Berge in Italien und norwegischer Fisch.

MusikBlog: Und viel Familie zwischendurch.

Philipp Dausch: Ja, die Familien kamen in der Vergangenheit immer etwas zu kurz. Mittlerweile sind wir alle in der Band Familienväter. Jeder hat seine kleine Familie am Start. Da waren die Pause vom Touren und das entspannte Arbeiten an dem Album natürlich Gold wert.

MusikBlog: Die ausgewogene Balance zwischen Familie und Musik: die größte aller Herausforderungen?

Clemens Rehbein: Absolut. Das ist wirklich nicht immer so einfach. Und dabei geht es nicht nur um die Organisation. Es geht auch darum, wie man das Leben in zwei völlig verschiedenen Welten bewerkstelligt. Man ist halt nicht mehr nur für sich selbst verantwortlich. Ich setze mich heute definitiv nicht mehr so gerne ins Flugzeug wie noch vor ein paar Jahren. Es ist wirklich schwierig. Auf der anderen Seite gehört es aber auch dazu. Wir spielen ja auch gerne im Ausland. Wie gesagt, man muss irgendwie eine Balance finden. Und da hilft es natürlich, wenn man mit Leuten zusammen ist, die in der gleichen Situation stecken.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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