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Hans Unstern – Diven

Inwieweit „The Great Hans Unstern Swindle“ tatsächlich eine Täuschung war, bleibt auch sieben Jahre nach dessen Erscheinen interpretierbar. Fakt ist, dass die außergewöhnlichste Erscheinung der einheimischen Kunstszene nun mit „Diven“ nachlegt.

Davon, dass Hans Unstern als Diva durchgeht, konnte man sich im vergangenen Jahr überzeugen. Mit Die Heiterkeit auf Tour bot er eine sinnliche Performance zwischen Glamour und Freigeist.

Die dort vorgestellten Teile vom aktuellen Tonträger gab es wenig später im Rahmen einer Hörspielausgabe, in seiner Komplexität eine klare Empfehlung für das Goethe-Institut, nachzuhören.

Mit Tucké Royale und Black Cracker als Boiband auf „The Year I Broke My Voice“ noch Erfüllung in experimenteller Tanzbarkeit suchend, bestimmt auf „Diven“ die, mit Simon Bauer und Pepe Rasmus Weissgerber selbstgebaute, nach dem mittigen Buchstaben des Albumtitels benannte, V-Harfe das kompositorische Credo.

Neben dem Zupfen auf dem Instrument der Engel hantiert Hans Unstern, der schon auf dem 2010er Debüt „Kratz Dich Raus“ alternative Klangerzeuger im Einsatz hatte, mit allerlei DIY-Equipment, nutzt dabei sämtliche Materialien, auf denen Tonabnehmer befestigt werden konnten.

Die Comedian Harmonists könnten für den Background des Openers Pate gestanden haben, aus dessen Countdown sich eine musikalische Herausforderung in acht Akten entwickelt, in deren Verlauf der Wechselgesang mit sich selbst zum rhetorischer Exzess in Bertolt Brecht-Manier wird.

Jede „Selbstauslöserin“ darin Selbsterlöserin, mal nahbar, mal störrisch, fesseln kindliche Melodien mit gewinnenden Charme. Spätestens beim glitzernden „Haare Aus Gold“, dem grandiosen Opus Magnum der Platte, das sich selbst mit „Ein Ohrwurm kribbelt wie Deine Lieder auf meiner Haut“ bestens beschreibt, wird der Hörer Teil des Unsternschen Traums von Genderneutralität.

In den Collagen folgen auf „Bonbons Aus Plastik“ „kunterbunte Liebesbisse“, wird der Protagonist mit Rasierklingen unter eine Decke gesteckt, sprudelt „Nichtstestotrotz“ Muttermilch aus ihm, sprengen seine Halbsätze die Korsagen der Geschlechterzuordnung.

„Diven“ ist Manifest für Diversität, das sein „Cis“ zwischen Drama und Vision gefunden hat.

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