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Big Red Machine – How Long Do You Think It’s Gonna Last?

Big Red Machine machen ein vor Schönheit strotzendes zweites Album, das wenig Experimente gestattet, dafür zum Griffigsten zählt, das Justin Vernon und Aaron Dessner seit langem veröffentlicht haben.

In der Regel muss bei vielen Plattenkritiken schon der zweite Eindruck reichen. Ein paar Durchläufe hier, ein paar weitere da. Mehr Zeit ist selten, um zu einer Meinung zu gelangen. Bei wie vielen Kritiken gar der erste Eindruck gedruckt wurde, möchte man besser gar nicht wissen.

Umso schöner, wenn ein Album, wie in diesem Fall, auch mal einige Wochen bekommt, bevor man es abschließend beurteilen darf. Und umso interessanter, wenn der erste Eindruck dem des 23. gleicht.

„How Long Do Yout Think It’s Gonna Last?“ betört von der ersten Sekunde an mit feingliedrigen Songs, Justin Vernons herausragender Stimme – und sogar der von Aaron Dessner, der im folkigen „The Ghost Of Cinicinnati“ erstmalig selbst singt, und das prompt in einem der besten Stücke der Platte.

Zwischen Folk und leicht wiegender Elektronik bekommen neben den beiden Köpfen dieses Projektes unzählige Gäste, teilweise im Tauschhandel ihren Auftritt. Da wäre etwa der Piano-Folker „Phoenix“, der wesentlich von der Karamell-Stimme des Fleet-Foxes-Chef Robin Pecknold lebt.

Ungleich elektronischer, aber stimmungstechnisch äquivalent geraten die beiden Taylor-Swift-Stücke „Birch“ und „Renegade“. Der The-National-Gitarrist kollaborierte mit Taylor Swift für zwei ihrer Alben, nicht nur deshalb wirkt das zweite Album des Duos öfter wie ein Umschlagplatz kleiner Gefälligkeiten.

Dessner war auch maßgelblich am jüngsten Ben-Howard-Album “Collections From The Witheout” beteiligt. Postwendend bekommt der einen einigermaßen unspektakulären Auftritt in „June’s River“, neben This Is The Kit.

In „Hutch“ schreibt Aaron Dessner einen melancholisch-feierlichen Abgesang auf seinen verstorbenen Freund und Frightened-Rabbit-Frontmann Scott Hutchison, überlässt die Zeilen aber Vernon. An der eigentlichen Arbeitsteilung der beiden hat sich nur wenig, und wenn, dann zum besseren verändert.

Und so festigt sich das Album über Wochen in seinem Eindruck. Die meisten Songs versprühen auch nach vielfachem Hören immer noch die unmittelbare Schönheit. Entwicklungen, Entdeckungen, doppelte Böden finden sich dafür kaum.

Bei der Güte der hochkarätigen Namen, die daran beteiligt waren, kann man sich deswegen durchaus ein paar Krokodilstränen verdrücken. Denn die Frage war im Vorfeld nicht, ob „How Long Do You Think It’s Gonna Last?“ ein solides bis gutes Album werden würde, sondern ob hier ein insgeheim erhofftes Meisterwerk herausspringt.

Über die Schönheit hinaus fehlt der Platte dafür aber etwas Perspektive und am Ende wohl auch Halbwertszeit.

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