In einem Zeitalter, in dem nicht nur Künstler*innen, sondern auch ganz gewöhnliche Menschen die Mittel zur ausufernden Selbstdarstellung in die Hand gedrückt bekommen, ist ein Künstler, der bewusst darauf verzicht etwas besonders.

Keaton Henson treibt den gelebten Rückzug in die private Sphäre in seiner Karriere und in seiner Musik auf die Spitze. Nach knapp einem Jahr veröffentlicht er jetzt mit “Fragments” die erste EP seit seinem Album “Monument“, auf dem er letzten Herbst einmal mehr seine authentische Verletzlichkeit offenbart und die Hörer*innen mit auf eine Reise in sein Innerstes nahm.

Auch auf “Fragments” offenbart Henson eine Authentizität, die viele Künstler*innen zu simulieren versuchen. Ein Geschichtenerzähler mit einer Gitarre, der sich im eigenen Studio um einiges wohler fühlt, ala auf der großen Bühne.

Während andere Künstler*innen im letzten Jahr von dem Verzicht auf Live-Auftritte hart getroffen wurden und sich daraufhin in ihren Veröffentlichung nach innen richteten – man denke nur an AnnenMayKantereits “12” oder Feists “Multitudes” – gehört genau das für Keaton Henson seit jeher zum Qualitätsmerkmal seiner Musik.

Seine Karriere, die mittlerweile schon eine Dekade anhält, wurde immer auch bestimmt von den Dingen, die ihn im Privaten beschäftigen, den Traumata, die ihn formten. Und so klingt auch “Fragments” nach einem sehr privaten Tagebuch, einer Ansammlung an Liedern, deren Energie sich auch daraus ergibt, dass der Künstler sie offensichtlich nicht produziert hat, damit sie gehört werden.

Im Gegenteil. Liedern wie “Invite” und “For Kiran” wohnt eine Intimität inne, die sie wirklich wie individuelle Kunstwerke wirken lässt. Gemacht, um Gefühle auszudrücken und für diejenigen, die Teil dieser Gefühle sind. Glücklicherweise hindert Hensons Abneigung gegenüber großen Bühnen ihn nicht daran, seine persönlichen Emotionen auch der Öffentlichkeit preiszugeben.

“Fragments” ist zwar eine EP, könnte aber genau so gut auch ein Album sein. Die acht Songs wirken nicht wie willkürlich angehäuftes Songmaterial, das auf Hensons Festplatte verstaubt wäre, sondern wie das Produkt eines kaum kontrollierbaren künstlerischen Drangs, einer Urkraft, die sich in sensibelstem Songwriting manifestiert.

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