Dan Bejar wieder: Der kreative Kopf von Destroyer und allgemeiner Indie-Tausendsassa liebt es, seinen schillernden Art-Pop klingen zu lassen, als würde er sich eigentlich über alles und jeden lustig machen.

Noch auf „Have We Met“ von 2020 inszeniert sich der Musiker auf dem Cover als tragik-komödiantischer Crooner-Antiheld und zeichnet in den Songs ein glamouröses wie verschrobenes Bild, bei dessen Betrachtung nie ganz klar ist, ob, und wenn ja: wen er da eigentlich genau persifliert – bierernste Möchtegern-Künstler oder doch eher gleich sich selbst.

Auf „Labyrinthitis“ bleiben Bejars Lyrics weiterhin verwinkelt und ironisch, er zitiert und referiert wild umher, klingt dabei hoch emotional und stocknüchtern zugleich.

Groovy und funky wird es zuweilen noch, den Glam und die Tanzbarkeit lässt sich der Musiker nicht ganz nehmen. In den zwei Jahren seit dem Vorgängeralbum änderte sich aber anscheinend Bejars Haltung zu eben jenen Faktoren.

Ein wenig ernster und gestandener wirkt der Sänger, zeigt den Glam-Pop zwischen nostalgischen 80s-Synth-Teppichen, halligen Distortion-Gitarrensoli und aggressiv groovenden Slap-Bässen weniger veralbernd und scheint mit Ernst und viel Herz dabei zu sein.

Bejar geht in den Songs auf und entfaltet sich künstlerisch immer weiter – zwei Euro ins Phrasenschwein, die allerdings gut investiert sind.

Denn zunächst drohte „Labyrinthitis“ laut Angaben des Frontmanns tatsächlich eine reine Dance-Platte zu wenden. So beginnen auch die ersten Songs, die Form über Funktion, kitschige Ästhetik über Tiefgang stellen und mit fetzigen Melodien und alberner Synth-Pop-Instrumentierung wieder eher unernst und seicht wirken.

Später verfranst sich die Inszenierung: Die stampfenden Beats bleiben zwar noch, drumherum lässt Bejar jedoch die Kontrolle freiwillig los und jagt den Songs hinterher, die sich zeitweise dream-poppig in Soundwand-Sphären schieben, mal verschrobene Synth-Spielereien zaubern und am Ende die Sorte Pop sind, die viel zu gut fürs Radio ist.

Zum Tanzen kommt man mit „Labyrinthitis“ sicherlich zeitweise, wenn man es denn nur genug will. Material zum kopflosen Zappeln sucht man hier allerdings vergebens, denn die Platte ist so viel mehr.

Musste Bejar sich auf dem Album zuvor noch selbst als Witzfigur in den Mittelpunkt rücken, um seinen Punkt zu vermitteln, ist er nun wieder dabei, die Freude selbst in dem zu finden, was er tut.

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