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Ich hatte eine Mauer in meinem Kopf – Nilüfer Yanya im Interview

Mit ihrer abwechslungsreichen Mixtur aus gitarrenorientiertem Indie-Pop und atmosphärischen Sehnsucht-Sounds sorgte Nilüfer Yanya vor drei Jahren für viel Aufsehen in der Branche (“Miss Universe“). Heute meldet sich die britische Solo-Hoffnung nun mit ihrem Zweitwerk “Painless” zurück. Kurz vor der Veröffentlichung des neuen Studioalbums trafen wir Nilüfer Yanya zum Interview und sprachen über die Freude am Songwriting, wichtige Freunde und Unterstützer und die Schattenseiten von London.

MusikBlog: Nilüfer, wir stecken immer noch mitten in einer Pandemie und nun herrscht auch noch Krieg in Europa. Wie schwer fällt es dir, dich in diesen Tagen auf die Veröffentlichung deines neuen Albums zu freuen?

Nilüfer Yanya: Ich war so lange voller Vorfreude. Ich konnte es gar nicht abwarten. Man sitzt dann da und sagt sich: Los, freu dich über das, was du geschaffen hast! Aber dann passieren so viele andere Dinge in der Welt, die man nicht fassen und begreifen kann. Das macht es wirklich sehr schwer.

MusikBlog: Wenn du die globalen Probleme kurz ausblendest und die Tage jetzt mit den Tagen kurz vor der Veröffentlichung deines ersten Albums vergleichst: Was hat sich verändert?

Nilüfer Yanya: Das Chaos von damals ist auch diesmal präsent. (lacht) Aber der Staub wird sich auch wieder legen. Ich kann mich noch gut erinnern, dass es beim ersten Mal ähnlich chaotisch und emotional zuging. Das wird wahrscheinlich immer so sein. Sonst bin ich einfach ein bisschen älter und reifer geworden. Alles hat sich ein bisschen vertrauter angefühlt.

MusikBlog: Wann genau hat der Produktionsprozess für das neue Album begonnen? Gab es einen Schlüsselmoment?

Nilüfer Yanya: Nein, das war eher eine fließende Entwicklung. Ich bin nicht irgendwann mit dem Gefühl ein neues Album machen zu müssen aufgewacht. Ich habe schon kurz nach der Veröffentlichung von “Miss Universe” wieder mit dem Songwriting begonnen. Ich bin einfach gerne im Studio. Ich schreibe gerne Songs. Das mache ich eigentlich permanent. Aber ich habe da nie ein finales Projekt vor Augen. Es geht dabei in erster Linie darum, kreativ zu sein.

MusikBlog: Inwieweit hat die Pandemie diesen Prozess beeinflusst?

Nilüfer Yanya: Nun, die Pandemie hat dazu geführt, dass ich beinahe ein Jahr lang nicht wirklich in der Lage war Songs zu schreiben. Als das alles anfing, bildete sich eine Mauer in meinem Kopf. Ich fand monatelang keine Inspiration. Das war eine ziemlich schwere Zeit für mich als Künstlerin, die sonst eigentlich immer schreibt. Aber es ging irgendwie nicht. Glücklicherweise kam es irgendwann zum Turnaround.

MusikBlog: Die neuen Songs klingen abermals sehr offen und nicht wirklich greifbar. Dennoch ist da ein ganz dicker roter Faden zu erkennen. Wie schaffst du das?

Nilüfer Yanya: Ich weiß nicht, ich mache mir während des Schreibens eigentlich keine großen Gedanken darüber, wie es am Ende klingen soll. Der Sound eines Songs entwickelt sich irgendwie immer von selbst. Diesmal klingt das Gesamte mehr nach einem Band-Album. Diesen Vibe wollte ich eigentlich schon auf dem ersten Album haben. Aber gut, ich bin sehr glücklich, dass es jetzt geklappt hat. Alles klingt jetzt ein bisschen kantiger und roher. Das gefällt mir sehr.

MusikBlog: Wie wichtig war dein Produzent Wilma Archer für diese Entwicklung?

Nilüfer Yanya: Ich bin so froh, dass ich Wilma an meiner Seite habe. Er ist ein unglaublicher Produzent, aber auch ein toller Mensch. Ich habe so viel von ihm gelernt. Er war diesmal für die meisten Gitarrenparts zuständig. Wenn man blockiert ist und nicht richtig vorwärts kommt, und dann aber plötzlich jemand da ist, der jeden Tag mit einer neuen tollen Gitarrenidee um die Ecke kommt, dann ist das schon unheimlich viel wert.

MusikBlog: Neben Wilma gibt es noch einen anderen sehr wichtigen Mann in deinem Leben, der dir musikalisch zur Seite steht. Die Rede ist von deinem Onkel Joe.

Nilüfer Yanya: Oh, ja! (lacht) Mein Onkel Joe hat mich schon als Kind bei all meinen musikalischen Aktivitäten unterstützt. Er war uns ist immer da für mich. Er ist ja selber Musiker, er spielt viel Bass, er hat viel übrig für Latin-Musik und er war schon überall unterwegs. Diese Erfahrung gibt er an mich weiter. Das ist wunderbar und ein großes Geschenk. Es ist toll, wenn man von jemandem künstlerisch begleitet wird, der einem auch noch so nahesteht.

MusikBlog: Im Video zur Single “Stabilise” präsentierst du die grauen Schattenseiten von London. Hast du das Gefühl, dass die Leute von außerhalb nur die glitzernde Oberfläche sehen, wenn es um deine Heimatstadt geht?

Nilüfer Yanya: Ich weiß nicht, wenn ich an London denke, dann denke ich an viele Bürgersteige und viele Ecken, die anders sind, als die, die man normalerweise von London gezeigt bekommt. Es ist eine tolle Stadt, keine Frage. Aber für viele Menschen ist es auch unheimlich schwer, hier über die Runden zu kommen. Neben den schönen hat London auch viele Schattenseiten zu bieten. Dort müssen die Menschen jeden Tag aufs Neue hart kämpfen. Ich denke, dass das in anderen Großstädten ähnlich ist.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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