Ob im Halbdunkel der Bars, in Kunst und Kultur oder am Rand der Gesellschaft: Der Mann registriert als ein allgegenwärtiger Seismograf jedwede gesellschaftliche Schwingung, so auch mit dem neuen Album „TOP“.

Wir Sind Der Mann“ bekannten vor acht Jahren die in einem permeablen Der-Mann-Kokon steckenden Musiker Maurice Summen, Ramin Bijan, Michael Mühlhaus und Johannes von Weizsäcker und deren Art & Design Abteilung Helmut Kraus und Sebastian Kaltmeyer, um als genetisch zugehörige Kenner der Materie für Durchblick zu sorgen.

„Wer auch immer uns vermisst hat: Wir sind wieder da!“ verkündet nun das, bei seiner sich selbst hinterfragenden Sprachwahl nie intellektuell überhöht wirkende, Kollektiv. Was nicht mehr da ist, ist die, den lebenserfahrenen Protagonisten noch gegenwärtige, geo- und lokalpolitische Übersichtlichkeit und der faktenbasierte Dialog.

Der Mann runzelt folglich mit der Stirn, was PeterLicht mit „Eine paar Probelügen verteilen“ in seinem Stück „Marketing“ vorweg nahm, blubbert nunmehr inflationär als gefühlte Wahrheiten oder zweifelhafte Lifestyle-Schablonen aus dem Social-Media-„Aggrophone“ bestens vernetzter „Friends“.

Als stände damit nicht schon genug Analysepotential zur Verfügung, gilt es auch noch die Furche zwischen Rebellion im Herzen und profundem Sicherheitsbedürfnis, in die sowohl der gutsituierte Mittelschichtler als auch der subventionierte „Rock’n’Roll & Sozialstaat”- Künstler starren, zu erläutern, ein weiteres Dilemma, welches es dato zu pointieren gilt.

Auf dem Cover grüßt mit der wertigen Uhr ein Statussymbol aus der Vergangenheit, die aktuellen Versionen sind auf SUV-Größe angewachsen, wurde dem klobigen Vehikel in der gleichnamigen Nummer ein deutlich geschmeidigeres, sympathisch-funkiges Facelift arrangiert.

Das Song-Gefüge aus Pop, Rock, Soul, Folk, Swing und Easy Listening bleibt in sich im stetigen Wandel, „Gitarren“ bedeuten die „Zukunft von gestern“, dürfen dafür in „Peyote Retreat“ mit einem Solo glänzen, mutiert die kühle 80er-Ästhetik von „Eisprinzessin“ zum flotten Shoegazer, schwebt die „Himmlische Ruh II“ in einer Jean-Michel Jarre Keyboard-Blase davon.

Der Mann durchleuchtet auf „TOP“ kritisch relevante Themen der Zeit, bleiben dennoch Verständnisprobleme, trägt die Schuld „Immer Der, Der Fragt“.

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