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Mogwai – Live in der halle02, Heidelberg

Laut, lauter, Mogwai! Die schottischen Postrock-Urgesteine drücken bei einem von vier Deutschlandkonzerten in der Heidelberger halle 02 die Dezibel in den roten Bereich. Dank des Veranstalters Delta Konzerte, der in der Rhein-Neckar-Region für ein geschmacksicheres Booking bekannt ist, kann sich die Location über das erste waschechte Rockkonzert seit dem Corona-Lockdown freuen – und in mehrere Hinsicht Belastungsgrenzen austesten.

Für das Publikum sind zwei Dinge entscheidend: ein negativer Corona-Test, der sich im Zweifel auch noch direkt vor der halle 02 machen lässt – und Gehörschutz. Mogwai eilt ihr Ruf als laute Band voraus. Diejenigen, die sie etwa in der Region zuletzt 2015 als Headliner des Maifeld Derbys erlebt haben, sind vorbereitet, alle Unwissenden hingegen aufgeschmissen.

Zweieinhalb Minuten braucht der Eröffnungssong „To The Bin My Friend, Tonight We Vacate Earth“, bis sich aus den sanften Piano- und Gitarrenklängen knarzende Synthesizer herausschälen, die erstmals die Trommelfelle einer Belastungsprobe unterziehen.

Der Titel des Stücks ist bezeichnend für die Postrock-Weiten, die Mogwai im Anschluss aufspannen. Es ist einer der wenigen Songs, der als Opener fest gesetzt ist. Davon abgesehen rotiert die Band von Show zu Show mitunter wild durch ihre Setlist, die auf 27 Jahre Bandhistorie zurückgreifen kann.

Die beiden Gründungsmitglieder Stuart Braithwaite und Dominic Aitchison entscheiden sich an diesem Abend größtenteils für ihr aktuelles Album „As The Love Continues“. Das ist einerseits wenig überraschend, andererseits insofern schade, als dass das nunmehr zehnte Album nicht zu ihren zwingenden zählt.

Bei „Ritchie Sacramento“ wechselt Braithwaite ausnahmsweise ans Mikrofon, bei einer ansonsten nahezu rein instrumentalen Show. Aitchison am Bass hat sich da noch keinen Zentimeter bewegt. Für eine Band, die abseits der Bühne dafür bekannt ist, sich nicht allzu ernst zu nehmen und am liebsten bei ein paar Pints herumalbert, ist sie auf der Bühne beinahe von einer andächtigen Ernsthaftigkeit befangen.

Hier scheint sie ganz der cineastischen Kunst verpflichtet und in ihrer Konzentration nahezu reglos zu verharren. Es ist der krasse Gegenpol des Entertainments. Egal, ob bei „Ex-Cowboy“ oder den beiden „Hardcore-Will-Never-Die-But-You-Will“-Stücken „How To Be A Werewolf“ und „Rano Pano“, immer gleicht die Performance einer Vermeidung von Ablenkung um jeden Preis.

Die Töne, die Akkorde, die mit unzähligen Tretminen bestückten Effektpedalen, die schneidenden Sounds, die geballten Gitarrenschichten, das alles soll weder durch ein Solo, noch durch die dazu gehörenden Verrenkungen gestört werden.

Wenn hier was unterhält, dann die Lautstärke, die leisen Momente und das sahnige Dazwischen. Begleitet von einer ruhigen bis eruptiven Lichtshow im Gegenlicht. (Das Publikum wird häufiger angestrahlt als die Gesichter der Band.)

Beide, Licht und Sound, steuern auf den gewaltigen Ausbruch in „Like Herod“ vom 25 Jahre alten Debütalbum „Young Team“ zu. Hier gilt noch mehr als ohnehin schon: Dynamic is king!  Die Lautstärke und das Stroboskop-Licht ziehen dem Publikum den Scheitel neu, bevor sich die Band zu ihren Zugaben bitten lässt.

Das ungleich ruhigere und wunderschöne „2 Rights Make 1 Wrong“ sowie „Ceiling Granny“ markieren dann den Abschluss eines gewaltigen Rockkonzerts, bei dem es im Gegensatz zu den meisten anderen, weitaus mehr zu hören als zu sehen gibt.

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