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Jonathan Jeremiah – Horsepower For The Streets

In Zeiten von Umbrüchen und stetigen Veränderungen, vom Ende einer Ära und einem Sommer, der wie immer zu schnell vorbei war, wird mit Jonathan Jeremiahs fünften Longplayer “Horsepower For The Streets” die Duftkerze im Wohnzimmer zum Lagerfeuer und damit zum allerletzten Zufluchtsort vor der öden Realität.

Der Opener und Titeltrack vergleicht die Liebe mit dem Klang von einstimmigen Violinen und schreibt dem Herzen symphonische Harmonien zu. Die gewohnt kinematografischen und opulenten Streicher komplettieren dabei dieses Gemälde aus Nostalgie und Aufbruchsstimmung.

Mit einem nahtlosen Übergang sinniert der britische Singer/Songwriter in “You Make Me Feel This Way” aus seiner Isolation hinter dem Fenster über die Freiheit dort draußen, möchte bis zum Sonnenaufgang durchmachen und warum auch immer, aber er singt einem dabei aus der Seele.

Für einen kurzen Moment sorgt das nachfolgende “Cut A Black Diamond” für weniger geschmeidige Akzente, nur um sich dann im Refrain doch in den Reigen aus wohltuenden Melodiebögen zu integrieren.

In “Small Mercies”, welches ohne allzu viel Text hervorragend auskommt, droht alles auseinander zu fallen und wird dabei abermals von einem betörenden Sicherheitsnetz aufgefangen.

Verheißungsvoll und forsch bricht das düstere “The Rope” endlich aus der bisherigen Harmonie aus und fiedelt sich gegen Ende leider nur fast Richtung Ekstase.

Kontrastreich besticht das nachfolgende “Restless Heart” musikalisch zwar wieder durch Bodenständigkeit und Zurückhaltung und bedient sich dabei mit “Like a runaway train, at breakneck speed” nicht unbedingt bahnbrechend neuer Metaphern, verdient sich aber dennoch Empathie ob seiner inneren Unruhe. Die zelebrierten Schlussakkorde rufen zum Durchatmen auf.

Diese Zäsur wird mit dem Fade-In von “Youngblood” noch einmal betont und eröffnet damit den zweiten Part des Albums. Der symphonische Rückzieher am Ende von “The Rope” wird hier im Rhythmus wieder aufgegriffen und erlaubt es endlich, dermaßen abzudriften und sich reinzusteigern, dass man beinahe vergisst, den ausdrucksstarken und bildgeladenen Strophen zu huldigen. Von seinen oft kritisierten seichten Texten voller Plattitüden fehlt hier jede Spur.

Der Mantelkragen wird hochgestellt und die Hände aneinandergerieben, denn in minimalistischem Setting bilden das ruhige “Ten-storey Falling” und die Klavierballade “Early Warning Sign” den kühlen Ruhepol.

Der vorletzte Track “Lucky” malt kurz vor Schluss in aller Glückseligkeit nochmal alle Farben an den Himmel, bevor das Schlusslicht “Sirens In The Silence” gen Horizont entschwindet und uns verwundet wie geheilt zurücklässt.

Damit beschert uns Jonathan Jeremiah ziemlich genau vier Jahre nach “Good Day” ein von Nostalgie getränktes und zugleich zeitloses Album, das mit jeder Wiederholung gekonnt an Intensität gewinnt.

Nach und nach entfaltet sich die ausladende Imposanz und offenbart ein raffiniertes Detailreichtum an Melodien, Klängen und Rhythmen, die mit einem einzigen Durchgang nur schwer zu fassen sind.

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