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Fehlfarben – ?0??

Zeitlosigkeit prägt das neue Fehlfarben-Album “?0??”, als hätte die Band – rund um die „Monarchie-Und-Alltag”-Tour vom intrinsischen Wunsch nach frischen Stücken umgetrieben – den Geist vom 1982er Meilenstein direkt mit ins Studio genommen.

Die aktuellen Themen, die von ihnen „In Die Welt gestellt“ werden, scheinen ebenfalls ewig jung, haben sich von damals bis heute von Level zu Level upgegradet, scheinen Feindbilder von einst etabliert und die Zwiespältigkeit von deren Opposition mindestens verfestigt.

„?0??“ bleibt datum-offenes „Kontrollorgan“, in dem der Wahl-Wiener Peter Hein seinen Vortrag – kraftvoll wie seit jeher – an eine verunsicherte Gesellschaft richtet, die – von Pandemie, Klimakrise und Kriegsangst gebeutelt – Sternstunden der Agitatoren aller Couleur erlebt und bei denen aktionistischer Schulterschluss regelmäßig in Selbstgefälligkeit versandet. Entsprechend desillusioniert fällt der „Stolz?“ darauf aus.

„Ich fühle mich in die falsche Welt gestellt, ich fühle mich trotzdem eins mit dir“ singt der Frontmann im Opener; und mit ähnlich analytischer Schonungslosigkeit beleuchten die 12 Kapitel die Zwiespältigkeit des Einzelnen unter dem Druck der Lösungen ohne Problem.

Musikalisch setzt die Produktion auf ein solides Fundament aus dem eigenen Backkatalog, marschieren die Gitarren im flotten Post-Punk-Takt, treibt das Schlagzeug die Nummern harsch voran, bleibt der Bass immer geschmeidig, kontrastiert von intensiven Adagietto-Nummern und dem Ausflug in die Disco, den sich das Sextett am Schluss gönnt.

Mit mitreißender Energie lädt man zum „Tanz Auf Der Straße“, zelebriert dort nach all der Lockdown-Dysphorie einen „Fight for your right to party“, gerät das „Mittagspause-Cover „Innenstadtfront“ in einen Keyboard-Rausch, bekommt das Saxophon in „Brot Ohne Spiele“ eine angemessene Plattform, steuern „3 Kapitäne“ ihr House-Boot durch versetzte Berge.

„Hier hat doch keiner mehr den Überblick“ konstatiert „Nachhaltig“. Trotzdem gelingt den Fehlfarben eine gelungene 360°- Betrachtung des Zeitgeschehens, an dessen Ende weiter ein Grauschleier der Unkenntnis über Stadt, Land, „Europa“ und dem Globus liegt.

Peter Hein, 2021 „Düsseldorfer des Jahres“, glaubt nicht an bahnbrechende Veränderungen in den nächsten Jahrtausenden und erklärte jüngst: „Ich finde, es muss auch gar nicht besser werden. Es langt doch, dass es Scheiße ist…“.

In diesem Sinn – „Et kütt wie et kütt”.

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