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boygenius – The Record

Kill them with kindness: Mit „the record” reißen boygenius scheinbar sanftmütig die Festen der Männerdomäne Musikwelt ein und lächeln den breitbeinigen Mainstreamformaten beim Schulterblick nett zu, während sie leichtfüßigen Schrittes den Thron des Indie-Rock-Universums besteigen.

Seit der ersten gemeinsamen EP der Supergroup, die aus Lucy Dacus, Phoebe Bridgers und Julien Baker besteht, ist einiges passiert. Und natürlich leuchten im gemeinen Erinnerungsschatz der letzten fünf Jahre als Erstes Wörter wie Pandemie, Klimakrise oder Ukrainekrieg rot auf.

Aber wenn man den Weltschmerz für einen Moment ausblendet und sich stattdessen auf Mikrouniversen fokussiert, dann gibt es auch gute Neuigkeiten. So ist Phoebe Bridgers seit 2018 beispielsweise längst ihrem Status als Indie-Geheimtipp entflohen und stattdessen eine mehrfach Grammy-nominierte Musikerin, die sich Features mit The 1975 oder Taylor Swift einheimsen konnte.

Umso schöner, dass ihr bei diesem Trubel offensichtlich trotzdem genug Zeit blieb, um das längst überfällige Debütalbum aufzunehmen. Aber – und das ist keine große Überraschung – wenn man die Solo-Karrieren der drei Frauen mitverfolgt und den charmanten Facetten des Indie-Rock bereits verfallen ist, hat sich das Warten gelohnt.

„the record“ ist mal eine perfekt balancierte Synthese der drei Musikerinnen, mal wie eine überzeugende Erweiterung des Backkatalogs der Solo-Künstlerinnnen. Denn nicht nur die drei Vorab-Singles lassen sich eindeutig der Feder, aus der sie jeweils in Eigenregie entstanden sind, zuordnen.

Auch „Anti-Curse“ trägt Julien Bakers Handschrift, nicht nur durch ihren Gesang, sondern auch wegen der düsteren Melancholie und dem rockigen Refrain, der deutlich lauter als viele Songs auf „the record“ daher kommt.

Im Kontrast dazu steht die getragene Akkustik-Ballade „We’re In Love“, bei der Lucy Dacus mit ihrer kristallinen Stimme sofort unter die Haut geht.

Und dann gibt es auf „the record“ eben auch Songs wie „Not Strong Enough“, bei denen die Essenz der Künstlerinnen extrahiert und zur bestmöglichen Melange vereint wurde. Inkarniertes Roadtrip-Feeling trifft auf Indie-Pop, der in allen Facetten brilliert.

Diese flirrenden Gitarren, die nach Frühling und wehenden Haaren schmecken, während sie knicksend Sheryl Crow den Hut aufsetzen. Dieser eingängige Beat, der Mainstream schreien will und dann vor dem Refrain doch überraschend Richtung Rock abbiegt, während Lucy Dacus Schicksale manifestiert, zu denen sich die Gitarren auftürmen und sich im Hintergrund die Seele aus dem Leib geschrien wird.

Eins ist mit „the record“ sicher: Der letzte Songtitel ist definitiv keine selbsterfüllende Prophezeiung ist, denn mit diesem Album im Rücken sind boygenius definitiv stark genug, um die Indie-Rock-Welt im Sturm zu erobern.

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