Seit ihrem Über-Hit „Feel It“ sind Portugal. The Man in aller Munde. Alleine, wenn man sich die Streaming-Zahlen auf Spotify anschaut, weist dieser Track mit über einer Milliarde Aufrufen mehr Streams auf als alle anderen der Band zusammengezählt.

Dabei wissen Kenner schon seit Jahren um die Qualität der ehemals proggigen, jetzt eher zunehmend poppigen Indie-Rocker, denen man den Mainstream-Erfolg und das 30-fache Platin damals noch vielleicht entfernt ansah, aber nicht in solchen Ausmaßen zusicherte.

Ironisch, denn je eingängiger die Band wurde und je länger sie in der Dauerrotation war, desto mehr kam das Gefühl auf, dass das Sextett nicht so ganz mit dem Herzen dabei ist, wie man es in der Vergangenheit gewohnt war.

Das 2018er Album „Woodstock“ fühlte sich an, als würde es selbst nicht viel mehr als sommerlich leichtfüßiges Gedudel im Hintergrund sein wollen – das kennt man eigentlich ganz anders von Portugal. The Man.

„Chris Black Changed My Life“ führt die Band allerdings wieder zu alter Stärke. Eine Prog-Band sind die US-Amerikaner zwar nicht mehr ganz, aber der eigene Anspruch an sich selbst ist wieder frisch erwacht.

Bleibt die Frage: Wer ist eigentlich Chris Black? Es ist ein 2019 verstorbener Freund der Band, dessen Namen Portugal. The Man auf diese Weise unsterblich machen möchten. Denn Chris Black veränderte laut den Bandmitgliedern ihr Leben sowohl vor, als auch nach seinem Tod zum Guten.

Ein Umdenken lässt sich auf dem neuen Album der Portlander sofort hören: Statt kleinen, leicht verdaulichen Pop-Tracks heißt der Opener „Heavy Games II“ mit einer gospelhaften Klavier-Nummer willkommen, die den spirituellen Unterton der Platte andeutet.

Darauf bricht „Chris Black Changed My Life“ in ein breit gefächert, atmosphärisch dichtes und vielschichtiges Werk aus, das zwar wahrscheinlich keinen verloren gegangenen Prog-Fan fassen wird, aber die Grenzen zwischen Pop, Indie und Psychedelic Rock verwischt.

Portugal. The Man spicken jeden Track mit viel Groove und unzähligen, liebevoll gesetzten Details und binden alles mit einer progressiven und hochmodernen Produktion zusammen, die aus dem sechsköpfigen Bandgefüge jede Nuance perfekt platziert.

Klar, wer unbedingt ein Narrativ der leichten Sommerhit-Compilation in das Album hineinlesen möchte, findet dafür einige Indizien. Denn die oberflächliche Grundstimmung ist nun einmal warm, lässig und entspannt. „Chris Black Changed My Life“ geht aber so viel mehr in die Tiefe und macht dies auch durchgehend so klar wie irgend möglich – nicht zuletzt mit der theatralischen Dramatik, die sich durch das Album zieht.

Denn so spirituell es beginnt, so überlebensgroß endet es auch nach all den fantastischen, intensiven Songs, die das Produkt von großem, fesselndem und erfahrenem Songwriting-Können sind. Der Closer „Anxiety:Clarity“ wird drei Minuten lang immer intensiver und schmeißt Gitarren, Saxofone und erdrückende Soundwände umher, bis ein Schnitt den Krach beendet und die titelgebende Klarheit bringt.

Eine Art Gospelchor predigt lautstark: „Why don’t you go to fucking Disneyland/ and build a monument/ to your delusional thinking?“, während das Klavier vom Anfang die letzten Akkorde anstimmt und den so nötigen Seelenfrieden herbeiruft.

Ob Portugal. The Man diesen mit „Chris Black Changed My Life“ erreicht haben, ist offen – kann dieser überhaupt angesichts des Todes eines geliebten Menschen erreicht werden? Ihr neuntes Album ist aber Zeugnis davon, dass die Band es mit allen Mitteln versucht.

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