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Anohni And The Johnsons – My Back Was A Bridge For You To Cross

Nur wenige Alben zerreißen das Herz in so viele kleine Schnipsel wie “I Am A Bird Now”, dem zweiten Album von damals noch Antony And The Johnsons von 2005. Nur wenige Alben lassen die Atmosphäre vor überweltlichen Beats derart fluoreszieren wie “Hopelessness” von 2016. Hinter beiden derart außergewöhnlichen und gleichzeitig vollkommen unterschiedlichen Platten steht eine der faszinierendsten Musiker*innen des 21. Jahrhunderts: Anohni. Und die tritt nun eine neue Ära ein.

Was könnte nach zitterndem Chamber-Pop und futuristischem Art-Pop folgen? Alles und nichts, scheint die Antwort zu sein – und doch klingt “My Back Was A Bridge For You To Cross” überraschend.

Der Sound ist vielleicht nicht mehr so intensiv wie zuvor – und doch wirkt es fast deplatziert, dass eine scheinbar übernatürliche Stimmgewalt wie Anohni plötzlich zum Indie-Rock (!) greift. Wobei dieser Rock-Entwurf natürlich nichts mit breitbeinigem Posertum oder lautstarken Parolen zu tun hat. Doch so direkt, laut und unverkopft wie auf dieser Platte klang Anohni selten bis nie.

Natürlich gibt es mit dem sanftmütigen “There Wasn’t Enough” oder dem Bowie-esquen “Go Ahead” auch einige Momente aus der Kammerpop-Vergangenheit. Plötzlich poltern dann aber Riffs um die Ecke und erheben “Rest” in völlig ungewohnte Höhen und der kleine Hit “Can’t” könnte auch auf 80er-Rock-Parties funktionieren.

Ein wenig landet diese Platte damit zwischen den Stühlen und könnte für etablierte Anohni-Fans gar zu eindeutig und klar wirken. Bei Neulingen lässt alleine dieses unverkennbare Timbre einen Raum für Überforderung und Tracks wie der Jazz-Ausflug “It Must Change” oder das mystische “Why Am I Alive Now” machen die Platte nicht leichter verdaulich.

Ein einschneidendes Musik-Ereignis wie die eingangs erwähnten Alben scheint “My Back Was A Bridge For You To Cross” auf die ersten Hördurchläufe nicht zu sein. Aber es muss ja auch nicht jedes Album gleich die Grundmauern ganzer Genres zum Zittern bringen.

Und Momente wie das James-Bond-Drama im theatralischen “Scapegoat” sind immerhin das i-Tüpfelchen für ein ohnehin schon überdurchschnittlich gutes Album.

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