Es mag nicht der originellste Coup sein, nach zwei erfolgreichen Alben die ranzigen Gitarren mit Synthesizern aufzuweichen. Aber wen kümmert’s, wenn es trotzdem funktioniert? Mit ihrem dritten Album „Bobbie“ wagt die Band um die gleichnamige Sängerin Pip Blom einen Neustart mit viel Wiedererkennungswert.
Mit der Vorab-Single „Tiger“ stoßen Pip Blom ihr Publikum ins kalte Wasser. Zwischen einem trägen Beat und Lo-Fi-Computerspiel-Ästhetik überraschen die Niederländer mit einem verpixelten Klangbild. Diese Kühnheit wird belohnt und gibt eine neue Richtung für die Band vor.
Klanglich reduziert und unterschwellig geht es in „Kiss Me By The Candlelight“ zur Sache. Im Duett mit Personal-Trainer-Frontmann Willem Smit werden kryptische Liebesbotschaften ausgetauscht: „Pick me up and bite my sock […] Treat me like a Tetris block.“
Wollen sie also von versierten Hochstaplern um den Game-Boy-Daumen gewickelt werden, bis sie merken, dass sie eigentlich das spiegelverkehrte L-Teilchen wollten?
Weiterhin liebesbedürftig sehnen sich Pip Blom auch in „Is This Love?“ nach Zweisamkeit. Alex Kapranos von Franz Ferdinand unterfüttert den Song mit bumsigem Rhythmus und funkiger Theatralik, die durch Mark und Tanzbein gehen.
Im wortkargen „Fantasies“ entfaltet sich zunehmend ein Strudel aus elektronischem Klopfen, schwammigen Gitarren und repetitiven Gesangsfetzen.
„Again“ führt diese düstere Stimmung mit einer frenetischen Monotonie fort. Man möchte sich in Trance tanzen.
Die elektronisch verspielte Einleitung lässt es nicht vermuten, aber „I Can Be Your Man“ wähnt sich abseits der Drumcomputer in energiegeladenen und griffigeren Gefilden.
Auch „Where’d You Get My Number?“ und der Opener „Not Tonight“ verwöhnen mit heiseren Gitarrenriffs, treibendem Tempo und schlagen eine Brücke zu ihrem vertrauten Indie-Sound.
Gegen Ende von „Bobbie“ wird es nochmal laut. Das rotzige „Get Back“ zeigt, wie wandlungsfähig Pip Bloms Stimme ist, mal warm und einladend, mal ungestüm und kämpferisch. Die Experimentierfreudigkeit mit Autotune gelingt hier in der Bridge deutlich besser als im Schlusstrack „7 Weeks“, wo der Effekt etwas zu penetrant gerät.
Nach dem überschwänglichen Debütalbum „Boat“ (2019) und dem gefassten Nachfolger „Welcome Break“ (2021) erweitern Pip Blom also nun die Grenzen ihres Klangspektrums.
Im richtigen Verhältnis mischen sie die neuen elektronischen Einflüsse unter ihren vertrauten und lieb gewonnen Indie-Rock. Die Songs auf „Bobbie“ sind präziser und polierter, ohne aber ihre schelmische Kratzbürstigkeit einzubüßen.