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Peter Gabriel – i/o

Die Salamitaktik, mit der im Politzirkus scheibchenweise meist unerfreulichere Dinge an die Öffentlichkeit gelangen, sie ist in der Regel negativ behaftet. Peter Gabriel bediente sich ihrer trotzdem und veröffentlichte im Vorfeld tröpfchenweise sein neues Album „i/o“. Zu jedem Vollmond erschien 2023 einer seiner neuen Songs.

Die zugehörige Tour ließ mit einem großen Gewicht auf den neuen Stücken außerdem keinen Zweifel daran, wie ernst es Gabriel mit der neuen Musik ist – allein beim Erscheinen seines ersten Albums nach über 20 Jahren fehlt vielem daher bereits der absolute Neuigkeitswert.

Schmälern kann das die Qualität von „i/o“ nicht. Im Gegenteil: Live ließ sich bereits vorab ein Eindruck von der überdurchschnittlichen Qualität vieler Songs erkennen, die das allzu abgeklärt wirkende „Up“ von 2002 auf lange Sicht klar in die Schranken weisen dürfte.

Gabriel besinnt sich auf seine Stärken, große Atmosphäre, große Melodien. Ob im Halbballadesken wie bei „This Is Home“, im Ätherischen wie bei „Love Can Heal“ oder in der an „Sledghammer“ angelehnten Nummer „Road To Joy“. Er profitiert dabei von der treuen Gefolgschaft seiner langjährigen Begleiter*innen, allen voran Bassist Tony Levin und Gitarrist David Rhodes, die auch live im Zentrum seiner Shows stehen.

Das ermöglicht Peter Gabriel, in großen Zusammenhängen zu schreiben. Die Verbundenheit des Menschen im Universum, mit der Umwelt und den Mitmenschen – es ist das zentrale Motiv der Platte, an dem Gabriel seine Hoffnung aufhängt und dann trotz der Schwere mancher Themen zwischen nachdenklicheren Stücken wie dem wunderschönen „Playing For Time“ immer wieder bei Mutmachern landet.

Allen voran das Titelstück, das sich von einer Pianoballade zu einer für Gabriel typischen Fontäne des Optimismus wandelt. “Panopticom” oder “Olive Tree” fallen auch in diese Kategorie und brechen ihre Moll-Akkorde spätestens in euphorischen Refrains.

Es ließe sich jedes einzelne der Stücke heranziehen, es auf Ursprünge in Gabriels musikalischer Vergangenheit hin untersuchen, sie zu der helleren oder dunkleren Seite des Albums zuordnen. Ein tatsächlicher Ausfall findet sich nicht.

Ob es zwangsläufig zwei verschiedene Mixes des Albums gebraucht hätte, die sich doch zumeist lediglich in ihrer Brillanz unterscheiden, steht auf einem anderen Blatt und bleibt das einzig Streitbare einer ansonsten durch die Bank gelungenen Veröffentlichung.

Was es hingegen braucht, ist einer wie Gabriel, der mit seiner Musik mehr Denkanstöße zu geben vermag als so manches politische Pamphlet. In dieser Hinsicht ist „i/o“ keinesfalls mit dem Etikett “Mildes Alterswerk“ behaftet, das man ihm zweifellos auch zugestanden hätte.

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