Zur Primetime begaben sich am gestrigen Donnerstagabend sechs Herren im besten Alter an ihre Arbeitsplätze. Einstürzende Neubauten würden das Haus Auensee mit „Alien Pop Music“ fluten. Material, das via RAMPEN auf der letzten Tour für das aktuelle Album generiert wurde und dessen „Pestalozzi“ den Auftakt zu einem Set machte, in dem Inhalte dieser und der letzten Veröffentlichung überwogen.

Das Publikum im gut gefüllten Saal, in großen Teilen mit den Protagonisten im Verlauf von deren 44-jährigen Schaffen gereift, erwartete Klanginstallationen, Sprachkultur und einen Trip durch Berlin, dazu einen Blixa Bargeld, der der einzigartigen Aura von Einstürzende Neubauten auch optisch Glitzer verlieh.

Dieser erinnerte sich daran, das Auditorium begrüßend, schon einmal im Haus Auensee gewesen zu sein, wusste aber nicht mehr wann. Es war am 16. Mai 2008 im Rahmen der „Alles-Wieder-Offen“-Tour und – außer dass das Konzert damals deutlich lauter war – begeisterte die Avantgarde-Institution damals wie heute damit, den Sound der Platten mit den Live-Arrangements zu verdichten.

Schon zuckte die Bassfeder, nahm die Veranstaltung mit dem groovenden Drive von „Ist Ist“ Fahrt auf, wurde der „Grazer Damm“ mit all seiner Historie im geschichtsträchtigen Tempo abgeschritten, schwebte das „Möblierte Lied“ auf majestätischem Unterbau durch die Nacht.

Kleine Veränderungen flossen im Text – aus „Unsere Tochter wird hier wohnen“ wurde „Unsere Kinder werden hier wohnen“  – so selbstverständlich ein, wie das als Tochter geborene Kind des Frontmanns inzwischen sein Sohn ist.

Stücke, die nicht auf den beiden letzten Platten zu finden sind, begeisterten im Mittelteil, umwehte „Sabrina“ und ,„Die Befindlichkeit Des Landes“ der Atem der Geschichte einer Zeit, als „ein Weltgebäude ohne Wände“ noch möglich schien, wühlte sich die „Sonnenbarke“ durch stürmisches Fahrwasser – „Dit war jut, wa?“ befand auch Blixa Bargeld im Anschluss an die beeindruckende Nummer – und ob!

Die begrenzte Akustik der Spielstätte schluckte manche Feinheit, die die Tonerzeuger der dafür zuständigen Unruh, Hacke, Moser, Arbeit und Gebhardt generierten. Gut, dass nicht – wie in der Vergangenheit – mit tropfenden Wachs oder rieselnden Sand hantiert wurde, sondern eine Menge scheppernder Geräuscherzeuger im Einsatz waren, darunter der reaktivierte Einkaufwagen, der in der Frühphase der Band dem „Hören Mit Schmerzen“ Vorschub leistete.

„Seven Screws“ wurden quietschend eingedreht, für „Trilobiten“ griff Alexander Hacke, im Januar mit seiner Frau Danielle de Picciotto zu Gast in der Stadt, zur akustischen Gitarre. Thematische Gänsehaut kam auf, als „How Did I Die“ aus dem 1. Weltkrieg Epos „Lament“ den Hauptteil beendete.

Im umgehend folgenden Nachschlag wurde per „Ten Grand Goldie“ zum Tanz geladen, leise mit „Alles In Allem“ der Lauf der Dinge konstatiert und vor „Besser Isses“ von der Aversion des Künstlers am Mikrofon, Stücke für die Schublade zu schreiben, berichtet – „Everything Will Be Fine“ galt zumindest für den gestrigen Abend in Leipzig.

„Lass uns nach hause gehen“ sang Blixa Bargeld schlussendlich in „Susej“ und auch, wenn es schwer fiel, folgten die Besucher*innen nach knapp zwei Stunden seinen Worten.

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